Page:H.M. Der Untertan.djvu/225

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bereit. Um seine Erlebnisfähigkeit zu üben, muß man vor allem leben, und die Tat ist so lebensgefährlich.“

Diederich richtete sich auf. „Wollen Sie den Vorwurf der Feigheit vielleicht in Verbindung bringen mit —?“ „Ich habe kein moralisches Urteil ausgesprochen. Ich habe eine Tatsache der inneren Zeitgeschichte erwähnt, die uns alle angeht. Übrigens sind wir zu entschuldigen. Für den auf der Bühne Agierenden ist alle Aktion erledigt, denn er hat sie durchgeführt. Was will die Wirklichkeit noch von ihm? Sie wissen wohl nicht, wen die Geschichte als den repräsentativen Typus dieser Zeit nennen wird?“

„Den Kaiser!“ sagte Diederich.

„Nein“, sagte Buck. „Den Schauspieler.“

Da schlug Diederich ein Gelächter an, daß dort vorn das Brautpaar auseinanderfuhr und sich umwandte. Aber man war auf dem Theaterplatz, es wehte eisig hinüber; sie gingen weiter.

„Na ja,“ brachte Diederich hervor, „ich hätte mir gleich sagen können, wie Sie auf das verrückte Zeug gekommen sind. Sie haben doch mit dem Theater zu tun.“ Er klopfte Buck auf die Schulter. „Sind Sie am Ende schon selbst dabei?“

Buck bekam unruhige Augen; der Hand, die ihn klopfte, entzog er sich mit einer Wendung, die Diederich unkameradschaftlich fand. „Ich? Ach nein“, sagte Buck; und nachdem beide bis zur Gerichtsstraße unzufrieden geschwiegen hatten: „Ach so. Sie wissen noch nicht, warum ich in Netzig bin.“

„Wahrscheinlich Ihrer Braut wegen.“

„Das wohl auch. Vor allem aber habe ich die Verteidigung meines Schwagers Lauer übernommen.“

„Sie sind —? Im Prozeß Lauer —?“ Es nahm Diederich den Atem, er blieb stehen.

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