Page:H.M. Venus.djvu/298

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bin nicht gealtert. Ich habe zu Ende gelebt; aber ich kenne keinen Überdruß, keine Verachtung. Ich hasse nichts, auch nicht den Tod.“

„Dort lächeln wieder, am Abhang, meine blassen Oliven, schwach, mit ausgehöhlten Stammen, und immer noch bereit zu dem Wunder neuer Ernten … Ich möchte sein wie sie; ich feiere das Leben bis zum letzten Axthieb.

„Kreist nicht in mir, mit meinem Blut vermischt, die Liebe dieses ganzen Landes? Alle seine Geschöpfe, von zu viel Sonne matt und feurig, haben mich abwechselnd entflammt und entnervt. Durch hundert Umarmungen ist es mein geworden, dieses Land. Es ist in mir: diese Sonne ist in mir, die Schwellung dieser Traube, der Staub an den Füßen dieses Armen, und jedes wunderschöne Lächeln!.. Ich bin stolz darauf! Und ich werde eine letzte Ernte feiern, gleich dem umgehauenen Ölbaum. Ich werde dieser Erde, die ich so sehr geliebt habe, alles auf einmal zurückgeben. Das ist der Tod, er ist nicht schrecklich, ich hasse ihn nicht, weil ich das Leben nicht hasse.

„Es ist weit, weit, das Gespenst im Schnee. Hier hat es keine Macht. Hier ist der Tod mild, ich kenne schon sein Lächeln. Ich weiß ja, welcher Knabe an der Wand jener Kapelle zwei Frauen voranleuchtet, mit silberner Ampel, in ein tiefes Dunkel. Ich liebe ihn, den Genius meines Todes!

„Mein ganzes Leben war eine einzige große Liebe: jeder Größe und der ganzen Schönheit habe ich meine heiße Brust entgegengeworfen. Ich habe nichts ver-

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