Page:H.M. Der Untertan.djvu/187

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noch nichts zu wissen.“ Jadassohn entschuldigte sich: der Sekt mache natürlich unkritisch. Ob Herr Doktor Heßling denn die Begeisterung der übrigen Herren so ernst genommen habe. Einen größeren Nörgler als den Major Kunze gebe es überhaupt nicht … Diederich zog sich mit seinem Stuhle zurück, ihm ward kalt, als finde er sich plötzlich in einer Verbrecherhöhle. Mit äußerster Energie sagte er: „Auf die nationale Gesinnung der übrigen Herren hoffe ich mich ebenso verlassen zu können wie auf meine eigene, an der zu zweifeln ich mir auf das allerbestimmteste verbitten müßte.“

Jadassohn hatte seine schneidige Stimme zurück. „Soll das etwa einen Zweifel in bezug auf meine Person involvieren, so weise ich ihn mit gebührender Entrüstung zurück.“ Krähend, so daß Klappsch in die Tür spähte: „Ich bin der Königliche Assessor Doktor Jadassohn und stehe auf Wunsch zur Verfügung.“

Darauf mußte Diederich wohl murmeln, daß er es so nicht gemeint habe. Dann aber zahlte er. Die Verabschiedung war kühl.

Auf dem Heimwege schnaufte Diederich. Hätte er sich nicht entgegenkommender verhalten sollen mit Jadassohn? Für den Fall, daß Nothgroschen redete? Jadassohn hatte ihn freilich nötig, in dem Prozeß gegen Lauer! Auf alle Fälle war es gut, daß Diederich jetzt Bescheid wußte über den wahren Charakter dieses Herrn! „Seine Ohren sind mir gleich verdächtig vorgekommen! Wirklich national empfinden kann man eben doch nicht mit solchen Ohren.“

Zu Hause nahm er sogleich den Berliner „Lokal-Anzeiger“ vor. Da waren schon die Kaiseranekdoten für die „Netziger Zeitung“ von morgen. Vielleicht kamen sie auch erst übermorgen, für alle war dort nicht Platz. Aber

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