Page:H.M. Der Untertan.djvu/186

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„Es sind recht rührende Geschichten“, bemerkte Klappsch und verdrehte die Augen.

„Zweifellos!“ beteuerte Jadassohn; und Diederich: „Sogar so ein freisinniges Hetzblatt muß die Bedeutung Seiner Majestät anerkennen!“

„Aber bei dem löblichen Eifer wäre es schließlich möglich, daß die Redaktion die Allerhöchste Depesche eine Nummer zu früh gebracht hat — noch vor ihrer Absendung.“ „Ausgeschlossen!“ entschied Diederich. „Der Stil Seiner Majestät ist unverkennbar.“ Auch Klappsch wollte ihn erkennen. Jadassohn gab zu: „Nun ja … Weil man nie wissen kann, darum dementieren wir auch nicht. Wenn der Oberst nichts bekommen hat, die Netziger Zeitung könnte es ja direkt aus Berlin haben. Wulckow hat sich den Redakteur Nothgroschen kommen lassen, aber der Kerl verweigert die Aussage. Der Präsident hat gespuckt, er ist selbst zu uns gekommen wegen des Zeugniszwangverfahrens gegen Nothgroschen. Schließlich haben wir davon abgesehen und warten lieber das Dementi aus Berlin ab — weil man eben nicht wissen kann.“

Da Klappsch in die Küche gerufen ward, setzte Jadassohn noch hinzu: „Komisch, wie? Allen kommt die Geschichte verdächtig vor, aber niemand will vorgehen, weil in diesem Fall — in diesem ganz besonderen Fall“ — sagte Jadassohn mit perfider Betonung, und seine ganze Miene, sogar die Ohren sahen perfid aus, „gerade das Unwahrscheinliche am meisten Aussicht hat, Ereignis zu werden.“

Diederich war starr: nie hätte ihm so schwarzer Verrat geträumt. Jadassohn bemerkte sein Entsetzen und verwirrte sich, er fing an zu zappeln. „Nu, der Mann hat seine Schwächen — Ihnen gesagt.“ Diederich versetzte, fremd und drohend: „Gestern abend schienen Sie davon

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