Talk:De Winterawend

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Anmerkungen[edit]

Ab S.183 finden sich "Anmerkungen" zu den Idyllen; zu "De Winterawend" auf S.198-205:

Anmerkungen.

In dieser und der siebenten Idylle habe ich versucht, die reiche und wohllautende Sassensprache nach den Regeln, wie sie bis zu unseren Eltervätern vor Gericht, auf der Kanzel, und in gebildetem Umgange gehört, und in geistlichen und weltlichen Büchern gelsen ward, richtig und mit Auswahl zu behandeln. Man erwarte also kein verwahrlosetes Plattdeutsch, aus dem niedrigen Leben aufgeraft, noch weniger ein Plattdeutsch der besonderen Mundart in Holstein, Meklenburg, in Westfalen, oder wo sonst unsere Sprache zu eigenthümlicher Sprechung ausartete. Denn wer würde dem Hochdeutschen verstatten, für Luthers altmeißnische, aber von allen geistvollen Deutschen fortgebildete Sprache, die Mundart des heutigen Meißners, oder eine andere, und diese noch mit den Sprachfehlern der Unwissenheit, zu schreiben? Mein Wunsch war, mit Vermeidung zu alter Worter und Fügungen, einen schüchternen Nachhall der sassischen Buchsprache zu wagen, die von allen Niederdeutschen zum öffentlichen Vortrag gebraucht wurde, und neben der hochdeutschen, als sanftere Schwester (wie Fulda sagt), fortzublühen verdient hätte. Gelungen wäre der Versuch, wenn sowohl der Pommer als der Bremer das vorgelesene bis auf wenges verstände, und auch der Holsteiner sich einbildete, daß man einige Meilen entfernt so spräche. Bei dergleichen Sittengemälden niedersächsischer Landleute schien der Gebrauch ihrer Muttersprache desto zulässiger, da viele Ausdrücke den Sitten so völlig gemäß sind, daß sie der Hochdeutsche nur geschwächt, und in fremdem Tone, wiederzugeben vermag. Theokrit schrieb, selbst an dem feinen Hofe des Ptolemäus, in der Sprache seines Volks; und als ein schöner Geist in Alexandria über das Plattdorisch seiner Syrakuserinnen spottete;
   – – Breitausziehend, zerkauderwelschen sie alles:
bekam er die natürliche Antwort:
      – – Wir reden peloponnesisch!
      Wird doch dorische Sprache dem Dorier, denk' ich, erlaubt sein!

V. 1. Straken, streicheln. Nu to! ein Ausruf der Befremdung. Keerl un keen Ende! sagt man von einem, der unendliche Kraft und Verwegenheit zeigt: μενος ἀσχετε. Das ee in keen, twee, beezen, schwebt zwischen e und ei. Wat släpst du voer Tügs, was schleppst du für Zeug. Dasoe brauche ich als Zeichen des Mittellauts zwischen ö (dem es näher ist) und ä. Draake, Drache: aa neigt sich zum o.
V. 4. Unnode oder node, ungern, mit Noth. Die Silbe un, wie mis, ist oft nur tadelnd: Unmensch, Unkosten, Ungethüm (böses Wesen); und Unmöie, Unmühe, welches dem unnode entspricht. Satrian, der Satan, dessen Namen man aus Scheu entstellt. Fluckern, in Flamme auffahren. Aawen, Ofen. Wo, wie. Bleustern, leuchten, glühn: von Blaß oder Blüse, helle Flamme; Engl. blaze und blush, Röthe. Man, nur, aber: auch men; verwandt mit min, Engl. mean, minder, Mangel. Verminderung und Ableugnung wird oft als Ausschließung gebraucht; nicht arm, nein reich; eben so die Vermerhung: vielmehr reich; Altsassisch mer, siehe Stat. Stadensia; Holl. mar; Franz. mais, verwandt mit meist; siehe meist im Brem. Wörterbuch. Melk un Gemack, gute Kost (denn Milch ist die Hauptspeise), und Gemächlichkeit. Waddik un Wehdage, Hunder und Kummer; eigentlich Molken und anhaltender Schmerz. Schüppe, Schaufel. Sleef (Mehrh. Sleepwe), eine hölzerne Kelle. Dönse, aus Dornse, ein heizbares Zimmer, Stube; von daren, dörren. Klütern, allerhand kleine Arbeit machen. Maser, Holz mit kraus verschlungenen Adern. Schier Haböiken, ebenes Hagebüchenes Holz ohne Knorren und Äste (vergl. schier V. 37.): öi schwebt zwischen ö und oi oder eu. Schrapen, schaben. Smucke Lüde, angesehene ehrbare Leute. Nürig, nett, zierlich. Achter, hinten.
V. 15. Knuust, Knorren. Aapen, mit hohlem a, offen. Dahl, nieder. To Passe, oder to Mate, gelegen. Indrusen, einschlummern. Trallaren, trallallen, lustig singen.
V. 18. Däger, gänzlich; verwandt mit doegen, taugen, und dijen, gedeihen, wovon Däge, das Gedeihn. Verklaamen, erstarren. Ik meide dar Isreed, ich mähte da Eisrohr. Knick, Hecke, Buschwall. Nuttholt, Nuzholz zum Verarbeiten. Buten is daakig de Lucht, draußen ist neblicht die Luft. Fresen und freren, frieren. Wied, weit. Blöitenmaand (zwischen ö und eu), Blütenmond. Ruhriep, Rugeriep, rauher Reif an den Gewächsen. As, so wie. Stappen, stark niedertreten. Bungen, hohl tönen; davon Bunge, Trommel. Gnistern, verstärkt gnastern, knirren und knarren. Küseln, wirbeln. Fluddern und fladdern, flattern. Updaun, aufthauen. Fleeten, fließen.
V. 25. Oewerhasten, übereilen. Häwig, heftig. Freken, frieren, schaudern. Puzig, spaßhaft. Dröwe, bedröwt, betrübt. Maz Pump, ein vornehmer prunkender Geck; von den ehmaligen spanischen Pumphosen. Murxen, verdrießlich murren. Jachtern, sich mutwillig durch einander jagen. Ketteln, kitzeln. Hoegen (öä), belustigen; daher behagen. Süster, Schwester. Du kreegst, du bekamst; von kriegen. Verläden, vergangen; vom alten liden, jetzt gliden, Engl. slide, gleiten. Wallnoete (von Wallnut), Wallnüsse. Blix, alt Blixem, Bliz; von blicken, hervorscheinen, blinken. Beschuppen, bekriegen; schuppen ist verstärkt aus schuwen, schieben, enen Schup gäwen, betrecken, prellen, anführen, anlaufen lassen; alles Bilder altvätrischer Grobheiten; vergl. VII, 93. Döhnken, Liedlein. He dögt (von doegen), er taugt. Väl, viel. Mall, unklug, toll. Henfummeln, durch unordentliche Handgriffe hervorbringen. Et klingt nich un klappt nich, die Verse haben weder Wohlklang, noch gemessenen Fall.
V. 36. Röklos, ruchlos. Tämen, ziemen. Limp, Glimpf. Miemern, verwirrt sein, tiefsinnig nachdenken; miemerhaftig, etwas wahnsinnig. Sollte dies Wort von Miemer, dem Begeisterungsquell der altdeutschen Fabel, abstammen? Snater, Klappermaul. Rap, rasch. Doerschieren, durchmustern; von schier, klar, lauter, unvermischt; schieren, die Lauterkeit prüfen, läutern. Spiet, Hohn, Ärgernis. Verdreet, Verdruß. Blöden, bluten, für herunter gemacht werden. Of, ob. Söt, süß. Kuhle, Grube. Wanne! ein Ausruf sanfter Bedrohung. Koerisch, wählerisch, ekel; von koeren, wählen. Man sagt auch krüdisch, der gewürzte (gekrüdete) Kost verlangt.
V. 47. Wokerer, Wucherer. Gnäterswart, granatenschwarz. Knoekern, knöchern, von Knaaken. Grön, frisch, wie Aale, Lachse, Heringe, Schinken; dann roh, unausgebildet. Bäwern, aus bäwen, leise beben. Wanken, gehn. Knickbeenig, der immer in die Kniee zu sinken scheint. Huddel, ängstlich bestützt; mi huddelt, mir ist angst. Benaut, beengt, beklommen. Pluzig, dick, aufgedunsen. Kieken, blicken. Glau, heiter, von Augen und Luft. Gissen, mutmaßen. Noog, genug.
V. 60. Top! ein Ausruf der Einwilligung, wobei die Verhandelnden vor Alters die Daumen zusammenhielten; von tippen, toppen, berühren: daher Top holden, den Vertrag halten. Bubbern, zittern; omnia corusca fabulor, sagt Plautus. Adebar, Storch. Raken, scharren. Koele, Kohle. Tohoop, zuhauf, zusammen. Böten, anzünden. Püster, Blasebalg. Kantern, mit Gekräusel singen. Hojanen, gähnen. Karkenkleppersche, eine scheinheilige Kirchenläuferin. Hibbel, ein Taufname, Hebelia, wird zur Bezeichnung einer Albernen gebraucht. Swaltern, den Morgen- und Abendsegen (Des walte Gott) abbeten. Jaulen, widerlich wehklagen. Von Teufeln, die in der Dunkelheit fressen wollen, und von Engeln, die schaarenweis um das Bette der Gläubigen Schildwache stehn, wird noch jezo gebetet und gesungen.
V. 65. Spönkorf, der Korb für die Späne des Holzarbeiters. Glöining, glühend. Haling, Zugwind des Ofens. Boeren, aufheben. Fiecheln, schmeicheln. Leidig, überlistend, schlau. Lochem, Löchen, Löchnis, Lohe, lodernde Flamme. Brathem, Athem; Engl. breath. Snute, Schnauze, für Nase und Mund. Inkacheln, stark in den Kachelofen einheizen. Wriewen, reiben. Nipp, genau. Groelen, unordentlich rufen oder singen.
V. 75. Dies Lied ist nach einem meklenburgischen Volksliede gemacht. Quad, quadlig, böse. Rou, Ruhe; ein Mittellaut zwischen au und o, diesem näher. Pütjenkiekers, die in jeden Topf kucken. De Sloetels –, die Schlüssel gar zum Speiseschrank verschließen sie, die Schleicher. Jümmer, immer. Verkladdern, verschleudern. Ut nawern gehn, oder bloß nawern, die Nachbarn besuchen. Lumbern, Lomber spielen. Sladdern, klatschen. Se straken –, Sie streicheln ihr liebes Männchen bloß oder arm. Wipsen, herumflattern. Utschrapen, einen Krazfuß machen. Dammelbrud, ein Mädchen, womit man nur tändelt. So satt dar ene Uhl; so saß da eine Unglückseule, die Hofnung wird vereitelt. Stramm un stief, in straffem und steifem Anzuge sich|brüstend. Süften, seufzen. Hiemen, keichen. Dat lütje Lief, den kleinen schmächtigen Leib. Beswiemen, ohnmächtig werden. Tucht, Gezücht. Wenn ick smacke –, wenn ich schmazend einen Kuß fordere, so neigt sie sich zu mir, und lacht so lieblich, und nennt mich tändelnd: Mein Trauter!
V. 123. Nömen, nennen. Deftig, treflich. Koeren, wählen. Smöken, schmauchen. Gniesen, schelmisch lachen. Spendeerbüxe, Spendierhose. Verbaast, verwirrt, vor Scham, Verwunderung, Schrecken. Sik lumpen laten, sich für einen lumpigen Filz ansehen lassen. Heel to swied! Das geht all zu weit aus den Schranken! Heel, ganz. Swied, mächtig, übermäßig: verwandt mit wied, swind, geschwind, überwinden, überwältigen. Sik enen Staat tämen, ihn an sich verwenden, ihn sich gemäß, geziemend (betämend) achten. Töf, von töwen, warten. Sik vernijen, sich durch etwas neues vergnügen. Kroos, Krug; χρωσσος. Lid, Gelenk, und Deckel; daher Augenlied. Broesig, stark, geistig, trozig. Auch kriemig, gilt von geistiger Schärfe der Getränke. Buddel, Buttel, Flasche; Engl. Bottle; Franz. Bouteille, welches dem Deutschen vornehmer klang. Buddelbeer kribbelt, es sprudelt auf, und kizelt in der Nase. Drög, trocken. Den Heiden (so nennt man alle Unchristen) wird jede Untugend Schuld gegeben.