Page:Labi 2009.djvu/28

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Ein erster Hinweis auf einen in Wien ansässigen Rauchfangkehrermeister, der wieder in seine Heimat zurückkehrte, findet sich in den Bürgerbüchern des 17. Jahrhunderts. 1678 suchte ein Peter Batschoca um den Bürgereid an, blieb jedoch nicht in Wien, sondern verliess die Stadt wieder in Richtung seiner Herkunftsregion.[60] Während saisonale MigrantInnen meist innerhalb eines Jahres regelmässig in ihre Herkunftsdörfer zurückkehrten, zählten die Wiener Rauchfangkehrer zu jenen, die oft erst nach einigen Jahren rückwanderten, um dort eine Ehe einzugehen oder ihren Ruhestand im Alter zu verbringen. Es waren nicht nur die ursprünglich Weggezogenen, die in ihre Ausgangsregionen zurückkehrten, sondern es waren auch die nächsten Generationen, die sich auf die Besitztümer ihrer Eltern oder Grosseltern rückbesinnten. 1749 wurde ein Viktor Dezury bei der Wiener Zunft als Lehrling aufgenommen, ein Verwandter des bereits erwähnten Meisters Johann Baptist Dezury. Dieser hat jedoch das Handwerk nie ausgelernt, sondern kehrte nach einiger Zeit in Wien und Brünn nach Graubünden zurück, wo er den aufgelassenen landwirtschaftlichen Hof seines Vaters übernahm und sich dort auch verehelichte.[61]

Nicht nur Männer, auch Frauen waren am Migrationsprozess aus den Schweizer Alpentälern nach Wien beteiligt. Viele Ehefrauen Wiener Rauchfangkehrer stammten ebenfalls aus der italienischsprachigen Schweiz. Vor allem für die Vererbung der Betriebe war es von grosser Bedeutung, dass auch Frauen das Gewerbe führen konnten. Vielfach lassen sich Rückwanderungen in die Schweizer Alpentäler mit Erbschaftsantritt oder Verehelichung in Verbindung bringen. So ist die Frau des Wiener Zunftmeisters Christoph Imini nach dessen Tod in die italienischsprachige Schweiz zurückgekehrt.[62] Während der Sohn des verstorbenen Meisters Josef Maria Martinolli das Gewerbe in Wien weiterführte, ging seine Witwe, eine geborene Antonini, zurück nach Graubünden. Sie übernahm dort die von ihrem Mann geerbte Landwirtschaft und liess sich in der Gemeinde Soazza nieder.[63] Die italienischsprachigen MigrantInnen wurden zwar in Wien heimisch, doch ihre Verbindungen zum Herkunftsort und ihren Verwandten und Bekannten gaben sie damit nicht auf. Die bereits erwähnte Tochter von Meister Cesget war zu Beginn des 18. Jahrhunderts ins «Welschland» zurückgekehrt, um sich dort zu verheiraten.[64] Auch die älteste Tochter von Carl Rudolph Martinolli verliess in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Wien, um in Soazza einen Hausbesitzer zu ehelichen.[65]