Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/421

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„Und dann liest du und machst dich damit noch trauriger. Man soll nicht lesen: noch dazu dies.“

Mit tiefem Mißtrauen in jedem ihrer Kinderfinger, faßte Claudia das Buch an.

„Das ist deutsch? Du verschließt also deine Tür und liest deutsch. Das heißt, du willst mit uns allen nichts mehr zu tun haben. Du bist mit uns fertig, du findest uns falsch und äußerlich.“

Von unten, schlau und ruhig:

„Ist es nicht so?“

Lola zog die Wange der Freundin an ihre.

„Ah, du willst nicht, daß man dir in die Augen sieht! Aber ich weiß alles. Das Unglück der Bernabei hat dich empört, denn du bist eine ehrliche Deutsche. Du stehst nicht, wie sie sagt, auf ihrer Seite: hat sie doch ihren Mann betrogen, und das ist schlimm. Aber wir dürfen keinen Stein aufheben, meinst du. Wir sollen selbst erst ehrlich sein, meinst du, sollen uns von unserm Manne trennen, bevor wir einen Liebhaber nehmen. Ist es nicht so?“

„Was du alles weißt!“ — und Lola liebkoste das eifrige Gesichtchen. Unter ihrer Hand bewegte es sich, wechselte, und was Claudia so feierlich enthüllt hatte, sah nun aus wie ein Witz.

„Wie du mich verstanden hast! Und wie du es gut sagst, mit deinem rollenden und singenden neapolitanischen Munde!“

Dies hübsche, gelehrige Äffchen, von dem nachgesprochen, Lolas Gedanken weniger untröstlich klangen: wie eine etwas triste Posse nur! Dessen nächste Miene

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