Page:H.M. Venus.djvu/91

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.

Aus Neid — und um sich zu rächen für das eigene heuchlerische Dasein, und dafür, daß Lilian eine Freie war … Lilian sagte, das alles bringe sie doppelt in Aufruhr, denn sie spreche zu der Herzogin von Assy —

„— zu ihr, die ich einst unter der Peitsche meiner elenden Mutter betrügen half, und für die meine Hand zu unkeusch war: ich durfte sie ihr nicht reichen. Wie hab’ ich gelitten! Einmal fehlte nicht viel, und alles wäre vor der Zeit herausgebrochen! Sie waren so freiheitsfüchtig wie ich, das brachte mich in Aufruhr.“

„Und mich!“ sagte die Herzogin. „Ich meine jahrelang an Ihrer Seite, Lilian, Empörung geatmet zu haben. Ich höre wieder San Bacco’s Stimme: wie war sie schön! … Jetzt braust um uns her die Liebe wie eine Schlacht!“

Sie lächelte voll wollüstiger Kampfbegierde, wie einstmals, als sie die alten, grämlichen Leute im Königsschloß zu Zara ärgerte und verstörte, — und sie horchte, den Fächer bewegend, auf das laute Atmen um sie her, auf das Geseufz und Gegirre. Lauter blasse und heiße Gesichter träumten in den Spiegeln sich selber entgegen, betäubt von dem Schmachten und Aufkreischen der Walzer die wie aus dem Blute kamen, — und von den Rythmen des eigenen Leibes. Die wundervolle Contessa Paradisi lag auf der niedrigen Lehne ihres Sitzes, das breite blafse Gesicht nach oben, mit saugenden Nüstern, pulsenden Lippen, Augen, die männliche Gelüste verschlangen: ein Gesicht wie aus atmenden Blumen, jedem bereit gehalten, den es lockte seine

75