Rindfleisch schwieg, und Unrat wartete mit Leidenschaft. Er war überzeugt, was er brauchte, steckte in dem Menschen zu seinen Füßen, und es liege nur an ihm, es herauszuziehen. Die Künstlerin Fröhlich hatte in der Zeitung gestanden, war im Lehrerzimmer besprochen worden, hing im Fenster bei Kellner. Die ganze Stadt wußte Bescheid über sie, außer Unrat. Jeder andere hatte mehr Weltläufigkeit und Personenkenntnis als Unrat: er lebte, ohne daß er’s selber wußte, tief in dieser Vorstellung; und er wandte sich mit vollem Vertrauen an einen Herrnhutischen Schuster um Auskunft über eine Tänzerin.
„Sie tanzt, Meister. In der Gesellschaft für Gemeinsinn tanzt sie. Ei, da werden nun die Leute hinlaufen.“
Rindfleisch nickte.
„Die Leute machen es sich woll nich klar, Herr Professer, wo sie hinlaufen,“ sagte er gedämpft und bedeutungsvoll.
„Sie tanzt ja barfuß, das ist doch eine seltsame Fertigkeit, Meister.“
Unrat wußte nicht, wie er den Mann noch anfeuern solle.
„Denken Sie nur: barfuß!“
„Barfuß,“ wiederholte der Schuster. „O o oh! Also tanzeten auch die Weiber der Amalekiter, die vor dem Götzen tanzeten.“
Und er stieß ein leeres Gelächter aus, nur aus Demut, weil er, der ungelehrte Mann, sich mit Worten der Schrift zu schmücken wagte.