Page:H.M. Professor Unrat.djvu/200

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XII

 

Er ging noch ins Amt, kraft eines Restes von staatserhaltender Gewohnheit und obwohl er voraussah, daß einer dieser Schulgänge sein letzter sein werde. Die Oberlehrer hatten sich jetzt ausnahmslos dafür entschieden, ihn zu übersehn. Im Lehrerzimmer versteckte sich alles hinter Zeitungen, floh den Tisch, spie in die Ecken, sobald Unrat mit seinen zu korrigierenden Heften sich niederließ. In der Klasse fehlten Lohmann, von Ertzum und Kieselack, alle drei. Die übrigen verachtete Unrat und ließ sie gewähren. Manchmal bedachte er, aufzischend, irgend einen mit halbtagelangem Karzer. Später vergaß er aber, den Pedell mit der Ausführung des Urteils zu beauftragen.

Draußen schlich er dahin, ohne jemand zu sehen, hörte weder Schmähungen noch Ruhmeserhebungen, merkte es auch nicht, wenn die Lohnkutscher ihre Pferde anhielten, um ihre Fremden auf Unrat als eine städtische Sehenswürdigkeit aufmerksam zu machen. Wo er vorüberkam, ward von seinem Prozeß gesprochen. Für die Leute war eigentlich Unrat der Angeklagte, und sein Auftreten vor Gericht erregte Bedauern und Zorn. Ältere Herren, Schüler aus den ersten Jahrgängen, für die Unrat heitere, von der Zeit zärtlich vergoldete Jugenderinnerungen umhertrug, blieben bei seinem Anblick stehn und schüttelten die Köpfe.

„Was is denn aus unserm alten Unrat bloß

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