Page:H.M. Minerva.djvu/297

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wie ein Brunnen — ja, golden vor Tiefe, als berge der Brunnen eine Krone.

Bei einer Biegung eröffnete sich ihm der Garten. Er sah hinab auf die Steineichen. Lange Rosenketten schlangen sich über ihre glitzernden Gewölbe und bis in den Hintergrund, wo sie nur noch umherwehten als ein rosiger Rauch. Ein paar kalkweiße Flecken durchbrachen dort die Büsche.

„Da ist es. Da ist das Schloß,“ sagte Nino ganz laut. Er setzte die hohle Hand, an den Mund und blies, wie in ein Horn. Dann wandte er sich, als wartete hinter ihm ein Gefolge.

„Nicht wahr, ihr Holzhauer, das ist das Schloß, wo Dornröschen schläft? Ich wußte es. Ihr, meine Jäger, ihr Knappen, bleibt alle zurück. Haltet die Rüden an der Leine. Folge mir keiner: die Hecken öffnen sich nur mir allein. Ich komme nach hundert Jahren.“

Er war unten, er schlenderte, eine Hand auf der Hüfte, bis an die Balustrade über den Terrassen. Er hüpfte zwei Treppen hinab, fuhr mit den Fingern über die dicken rostigen Saiten auf der Leier des Apoll — sie blieben stumm —, und sah in die Höhe. Die Loggia weitete sich in der Sonne und voll Rosen. Er stieg wieder hinauf, bis unter ihre Bögen. Auf dem Geländer tänzelte er geradeswegs hinein in das Gebüsch aus Lorbeer und Rosen, woraus sie sich erhob. Er reckte sich, prüfte den Abstand. Sie war geschützt durch eine niedrige, durchbrochene Marmorwand. Ein geschmiedeter Fackelträger ragte quer heraus. Nino

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