Page:H.M. Minerva.djvu/280

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reist jetzt auf den Kontinent. Sie werden ihn kennen lernen, denke ich … Ich bin nicht sehr geistreich, wie Sie wissen, süße Herzogin. Was ich gelernt habe, ist eins: Je strenger wir gegen unsere Sinne sein zu müssen glauben, desto stärker sind sie im Grunde. Ich habe gefunden, daß ich glücklicher bin, wenn ich meinen Sinnen nachgebe, als wenn ich sie unterdrücke. Das ist so einfach. Welchen Grund können wir haben, wir Freien und Glücklichen, uns selber zu hindern.“

„Keinen,“ erwiderte die Herzogin. „Auch habe ich meine Sinne niemals unterdrückt. Ich war sehr sinnlich, als ich von den starken Leibern eines schönen und von mir befreiten Volkes träumte. Ich war sehr sinnlich, als ich mich den Kunstwerken hingab.“

„Jetzt aber unterdrücken Sie Ihre Sinne, da es sich um das Fleisch handelt. Warum?“

„Ja, warum?“ dachte die Herzogin, nach innen gewandt. Da kehrten ihr in einem jähen Blitz lauter vergessene Gestalten zurück: bleiche, vor Gier zuckende Gesichter, tastende Hände; ihre Pariser Bewerber, blutig oder von Sinnen; Pavic am Fuße des Sofas mit zerrissenen Polstern, um Verzeihung bettelnd; Prinz Phili im Theaterkostüm, mit dem Degen in ihre Kleider verhaspelt und laut weinend; Della Pergola, am Boden, blaß vor Selbstverachtung und entschlossen, sie zu ertragen.

Lady Olympia lächelte für sich. „Sie muß sich zu der bewußten Sache außerordentlich stark hingezogen fühlen; sonst würde sie sich nicht so zähe sträuben.

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