Page:H.M. Minerva.djvu/149

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Er ging vor ihr hin und her.

„Einmal bildete ich mir ein, eine ihrer Empfindungen sei mir in den Pinsel geflossen, damals, als ich die Pallas des Botticelli malte. Jetzt zweifle ich: der eine Augenblick der Größe ist so lange her, ich möchte ihn bestätigt sehen durch einen zweiten.“

„Seien Sie doch stark! Halten Sie sich für unsterblich!“

„Ach! Die Unsterblichkeit ist ja der Lohn für etwas, was noch starker ist als wir: für ein Werk, das unser Leben überbietet und sich über seinen Gipfel hinwegschwingt. Vielleicht ist es nur eine einzige Statuette, an die wir unsern Namen mit solchem Stolze schreiben, daß er zu funkeln scheint. Viel spater nimmt dann eine Frau, die zu empfinden versteht, ein kleines, altes, irgendwo aufgetriebenes Bronzebild zwischen die spitzen Finger, liebkost die schlanken Formen, und ein wenig Staub wegwischend, deckt sie einen schon vergessenen Namen auf und spricht ihn aus. Unter dem Bilde dieser Frau denke ich mir die Unsterblichkeit.“

„Um so besser, wenn Sie zum voraus wissen, wie sie aussieht.“

„Was hilft es mir. Diese Frau, die für alles Schöne empfindet, wird meine arme Statuette nie zwischen den Fingern drehen. Seit ich sie in Rom kennen lernte, ist sie immer fremder und unzugänglicher geworden. Ihre Haut hat sich seitdem mit Silber überzogen wie ein Pfirsich in einem Glas Wasser. Hinter ihren Augen steht eine stille Flamme. Ihre

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