Page:H.M. Minerva.djvu/119

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Thränen werde ich erlauben, durch das Schlüsselloch zu fließen!‘ … Sie hat gearbeitet. Nun mußte ich ihr nach unserm Vertrage ihre Seele zurückbringen. Sie ist drinnen, betrachten Sie sie, Herzogin! Lange wird’s nicht dauern, und sie entweicht für immer.“

Der Alte wandte sich wieder zu den Lastträgern. Die Herzogin ging hinein in die verlassene Werkstatt. Einsam in der Mitte stand ein Kopf, wächsern abgeschliffen, mit zerbrochener Nase und beschädigtem Schädel. Seine Züge nahmen Abschied im Lichte des Abendhimmels; sie schienen sich strenge zurückzuziehen in den Marmorblock hinein, aus dem sie vor Zeiten erlöst waren. Sie beuchten der Herzogin keusch, groß, mit dem Glücke unbekannt, wie Properzia selbst. Sie dachte:

„Ja, das ist ihre starke und liebereiche Seele! Sie hat sie aus demselben weiten Felde auferstehen lassen, in das einst ein Landstreicher sie hineingestampft hatte. Sie hat sie einem jungen Manne dahingegeben, der sie einmal um sich selbst drehte und sie ,geschickt gemacht‘ fand. Er schenkte sie einem alten Wucherer, und Properzia hat, um sie zurückzukaufen, von den Qualen der zur Hölle verdammten Liebenden verraten, soviel sie davon wußte. Jetzt stirbt sie. Soll ich dorthin gehen, in eines jener Zimmer, wo Neugierige das Ende von Properzias Körper begaffen? Ich will lieber hier Halt machen und glauben, daß ich allein gewürdigt werde, ihrer Seele in das schon verwischte, schon halb entwichene Antlitz zu blicken.“

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