Page:H.M. Minerva.djvu/104

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gezeichnet. Eine kleine Welle, spielerisch und munter, leckte sie weg. Properzia sagte kraftlos:

„So ist es. Täglich grabe ich meine Zärtlichkeiten und meine Angst in sein Herz, — und täglich wird alles fortgespült.“

„Und er hatte geschworen!“ sprach sie weiter. „Diesmal hatte er geschworen! Er wollte niemals mehr den künstlichen Garten betreten, worin wir uns gegenseitig so viel Leid zugefügt haben. Und gleich, am selben Abend, ist er wieder hineingegangen und hat sich seine Braut herausgeholt … Ah! Die wartete auf ihn unter den Rosen aus Stein und den Myrten aus Porzellan. Sie passen für einander! Sie werden sich belügen, verspotten und von Liebe nur wie von einem Spiel wissen, — aber sie werden sich genießen. Mich aber — o, ich bin stolz — mich hat er, in all den Jahren, nie besessen!“

„Wie, Properzia, Sie haben sich nie von ihm lieben lassen?“

„O, ich bin stolz! Ich bin ein Bauernkind aus den römischen Bergen, ich bin wild geblieben und habe nie einem Mann gehorcht … außer einem,“ setzte sie hinzu, leise und durchschüttelt. „Er war zu stark.“

Sie seufzte auf. Sie fühlte in der gedankenlosen Wollust des Augenblicks ihre große Menschlichkeit untergehen. Ihr Schmerz, von tausend Hammerschlägen tagsüber gehärtet, er löste sich auf in diesem schmelzenden Maiabend, er zerteilte sich über den Himmel mit dem Sonnenrot, rann mit dem Sande die Dünen

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