Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/262

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widerstehlich, diese Hand. Sie glich einem rötlichen Weichtier, das nach Luft schnappt. Plötzlich stand Kapeller wieder an seinem Platze und fuhr fort, sanft und bedächtig, als fei nichts geschehen, seine Einwände gegen eine zu weit gehende Emancipation der Frauen vorzutragen.

Andreas hatte sich anfangs der einzigen Sorge hingegeben, man möchte seine klägliche Verwirrung bemerken. Der Wert seines Werkes, an den er bisher so fest geglaubt hatte, war ihm unvermutet zweifelhaft geworden. Er erkannte seine Verse in Kapellers Munde nicht wieder, er lauschte ihnen wie fremden Klängen; doch mußte er sich gestehen, daß sie allmählich immer hübscher wurden. Alle Anwesenden schienen derselben Meinung zu sein, und ihre Stimmung teilte sich, ohne daß sie noch Beifallszeichen von sich gaben, dem feinfühligen Autor mit. Als Kapeller, atemlos, seine dritte Schnellläuferübung beendet hatte, empfand Andreas deutlich, daß der Erfolg der Dichtung gesichert sei. Nur noch die ausgesprochene Unanständigkeit der letzten Strophe konnte ihm verhängnisvoll werden, besonders in der von dem Vortragenden beliebten Auffassung. Anstatt nämlich über die gefährlichen Stellen leicht hinwegzugleiten, ruhte Kapeller sich auf ihnen mit seiner ganzen Schwere aus. Er vergrub die Hände in die Hosentaschen, er schob den Bauch vor, er legte den Kopf zurück, daß die niedrige Stirn verschwand und das Doppelkinn, in voller Breite entfaltet, die Stelle des Gesichtes einnahm. Zwischen den Sätzen streckte er die Zungenspitze heraus und ließ sie von einem

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