Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/233

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„So was sagen die Herren alle. Das kostet keinen Gruschen.“

Die Alte schlich auf Filzpantoffeln hin und her, und Andreas ward die Empfindung nicht los, als habe er einen Wärterblick im Rücken, Endlich entschloß er sich doch, einen Kuß auf Sophies Haar zu drücken, übrigens ohne Überzeugung, denn ihr Haar war graublond und dünn. Sie kreischte diesmal nur ganz leise, aber wenn es süß klingen sollte, so klang es doch falsch. „Sie kann nichts dafür,“ dachte der junge Mann. „Sie ist unmusikalisch.“

Im ganzen reizte ihre Eroberung ihn nur wenig, obwohl er sie ziemlich hübsch fand. Ihr Gesicht war noch frisch, sie konnte höchstens zwanzig Jahre alt sein; aber vom Hals abwärts schien sie ein wenig schwammiges Fett angesetzt zu haben, wahrscheinlich in dem schlecht gelüfteten Hinterzimmer ihres Vaters, des verstorbenen Budikers Levzahn. Übrigens hatte ihre Koketterie etwas Erzwungenes, man merkte zu viel von verlorenen Illusionen und von Berechnung. Trotz aller Mühe, die sie sich gab, um dem jungen Manne zu schmeicheln, blickten ihre scharfen grauen Augen abschätzend, gierig nnd mißtrauisch wie die eines Wucherers.

Andreas, der ein gutes Herz hatte, empfand schließlich MiMd mit dem unbefriedigten Geschöpf. Aber er, war zu sehr auf Heiterkeit und Sattheit angewiefen, um es lange bei ihr auszuhalten. Er gähnte ein paarmal heimlich, fand nichts mehr zu sagen und empfahl sich etwas kleinlaut.

Mutter und Tochter wußten sein Betragen nicht

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