Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/180

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„Wie hast du mich erschreckt!“ flüsterte sie.

„Dich erschreckt? Wodurch?“ fragte er lächelnd. Er stand auf und schob ihr einen Stuhl hin.

„Du meinst, mit meinem Gewand? Aber das ist ja mein Arbeitskleid.“

„Trägst du immer solchen Schlafrock?“ fragte Adelheid unschuldig. Er war gekränkt.

„Das könnt ihr natürlich nicht begreifen, wie wichtig für uns der Rock ist, in dem wir am Schreibtisch sitzen. Meinst du, daß ich im Frack dieselben Gedanken habe, die mir in der Kutte kommen?“

„Gewiß nicht!“ beteuerte Adelheid. Andreas’ Benehmen befremdete sie ein wenig, aber es war doch recht interessant. Bedeutende Menschen mußten solche Marotten haben, und die seinige war eigentlich chic.

„Ich verstehe dich, Andreas,“ sagte sie. „und ich kann mir jetzt schon denken, wie du dichtest.“

„Ich dichte katholisch,“ erklärte er in bestimmtem Ton, den Blick auf die matterhellte Fensterscheibe gerichtet. Adelheid sah von dem blutigen Christus, der aus der Dunkelheit immer beängstigender hervorschien, auf Andreas’ braune Kutte, und ein Schauer von Grauen und von Wohlbehagen durchrieselte sie. Sie war sehr zufrieden damit, daß sie unter den vielen jungen Leuten, die in ihrem Hause verkehrten, gerade diesen auf den ersten Blick ausgewählt hatte. Weder Frau Mohr noch Frau Bescheerer noch Lizzi Laffé noch irgend eine hatte je so etwas gekannt. Er war würdig, von ihr geliebtzu werden. Übrigens stand ihm seine Kutte gut, sie gab ihm etwas Schwärmerisches.

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