Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/131

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Fällchen, die Stirn durchquerte. Diese niedrige Stirn sah aus wie zerarbeitet von unzüchtigen Gedanken. Es lag über ihr ein künstlicher grüner Schimmer, wie über der schlecht aufgeklebten Stirnhaut einer Theaterperücke. Ein roter Kreis zog von den oberen Lidern bis an die Backenknochen um die grünlichen, verquollenen Augen. Das Gesicht schien aufgeblasen, ohne daß Fettpolster zu entdecken waren, und an seine rosige Farbe war schwer zu glauben, weil die lange scharfe Nase mit ihren weit offenen, gierigen Nüstern und das spitze Kinn kreideweiß, gleich der Maske eines Clowns daraus hervorragten. Die blutroten Mundwinkel krümmten sich mit merkwürdiger Beweglichkeit. Die zu kurze Oberlippe legte die weißen spitzigen Zähne frei, zwischen denen ein wenig Flüssigkeit glitzerte. Eine scharfe Falte schloß die knochige Ecke des Kinnes ein, und darunter bauschte sich die schlaffe Haut des Doppelkinnes über dem engen, langen Halskragen. Der Kopf saß wie eine farbenprächtige, gedunfene Giftblume auf einem zu dünnen Stengel.

Der aufmerksame Andreas fand alle Einzelheiten dieses Kopfes häßlich, nicht aber Frau Pimbusch felbst. Es war ihm, als habe er, zum erstenmal in seinem Leben, die Ehre, einer großen, sehr teueren Kokotte gegenüber zu sitzen, nach deren Loge die jungen Leute auf ihren Parkettplätzen sich erblassend umwenden. Man sah bei näherer Prüfung, daß ihr Gewerbe jedem ihrer Züge seine Häßlichkeit aufgeprägt hatte, und doch peitschte ein Blick in ihr freches Gesicht das Fleisch aus seiner Ruhe.

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