Page:H.M. Flöten und Dolche.djvu/69

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von Untieren, und undurchdringlich. Er sah sich hilflos, er bändigte kein Gefühl, schnitt kein Bild heraus, entdeckte kein Wort. „Das alles wird später kommen. Später…“

Er erblickte sie von vorn, auf der Schwelle der besonnten Terrasse. Sie hatte rosige Umrisse, und ihre Formen verschleierte eine durchgoldete Dämmerung. Sie war eine kostbare Muschel; ihr Haar, das sich auflöste, schlug um sie her wie Algen.

Sie war eine zierliche Nymphe, die kaum erkennbar, so rasch ging es, nur wie ein Lichtstreif die erdbeerfarbene Wand hinhuschte, einen Augenblick scheu und wild über seine Schulter lugte, und von der gleich darauf nichts übrig war, als ein leiser Duft, wie der Rest eines Fabeltraums.

Und plötzlich erhob sich drüben auf dem Rande seines breiten Tisches, das Haar hoch aufgebunden über dem abgewandten Profil, mit keusch gebogenem Nacken, eine Hand an der Brust, die andere vor den geschlossenen Schenkeln — die Venus.

„Wenn du nicht schreibst —“ sagte sie schließlich.

Er warf Hals über Kopf hin, was ihm durch den Kopf ging. Sie kam neugierig herbei, setzte sich auf die Armlehne seines Sessels und schaute

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