Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/88

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.

Ihre schönen Bilder ansehen … Auch Ihre schönen Zimmer“, setzte sie hinzu und zögerte, ob sie ihm noch weiter entgegenkommen sollte. Statt dessen machte sie sich einen bescheiden lockenden Senkblick. Er lächelte galant und führte seine welke Hand ans Herz.

„O! Fräulein Italia, wir könnten uns verstehen.“

Sie versuchte ein paar Stufen höher zu gelangen, aber er hielt immer wieder an.

„Ich war stets ein Verehrer der Schönheit; und bei Ihrem Anblick —“

„Da ist er! Und die Eier?“ rief es aus dem Hause herab; und eine große Frau mit einem rot verschnürten Sammetmieder und kurzen Hemdärmeln stand im Fenster und drohte mit dem Finger.

„Ah! der Advokat, so ist er. Seine Familie würde er Hungers sterben lassen: er aber, immer mit den Frauen.“

„Meine Liebe,“ sagte der Advokat hinauf, „es gibt gewisse Dinge, die du nicht beurteilen kannst.“

„Immer derselbe, der Advokat!“ — und die Schwester breitete verzweifelt die Arme aus; aber ihr Kindergesicht, in das zwei graue Strähnen fielen, lächelte bewundernd.

„Welch schöner junger Mann, nicht wahr, Fräulein? Ah! geh, Taugenichts, unterhalte dich! Laß deine Familie ohne die Eier!“

„Ich habe sie mitgebracht, im Café kannst du sie abholen. Aber merke dir, meine Liebe, daß ich jetzt nicht immer Zeit haben werde für deine Angelegenheiten, da ich mit Wichtigerem sehr beschäftigt bin.“

„Man sieht es“, rief die Witwe Pastecaldi noch, indes sie sich zurückzog. Der Advokat bemerkte:

„Man muß Geduld haben. So ist das Leben in einer kleinen Stadt.“

80