Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/69

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.

Er hob den Hut und schlug sogar mit dem Fuß aus. Der Priester grüßte ebenso höflich und sah ihn aus seinen roten Augen brennend an.

„Ein Wort, Don Taddeo, wenn es Ihnen nicht unangenehm ist! Ein unliebsamer Irrtum Ihrerseits…“

„Es ist kein Irrtum, mein Herr…“ und es war zu merken, daß der Priester kaum sprechen konnte. „Der Schlüssel: denn von ihm wollen Sie gewiß reden…“

„Freilich. Um Sie im Vertrauen auf Ihre Loyalität —“

„Zweifellos. Aber es handelt sich einfach darum, mein Herr, daß der Schlüssel von Rost zerfressen und kaum noch brauchbar war. Ich habe ihn dem Schlosser Fantapiè gegeben und einen neuen bei ihm bestellt.“

„Ah!“

Der Advokat brachte einen Laut hervor, der nicht heiser klang. Wie leicht mußte es ihm sein! Polli, Acquistapace und der Leutnant wiederholten: „Ah!“ — und auch der Bariton Gaddi machte: „Ah!“ Nello Gennari achtete nur auf den Cavaliere Giordano. Der berühmte Sänger war nach seinem verpufften Ausbruch ganz in sich zusammengefallen und sah alt aus: endlich unverhohlen alt, mit herabhängendem Kiefer, Augen, die greisenhaft stierten, und hilflosen Händen. Sein junger Gefährte dachte, und senkte finstere Blicke in die arme Gestalt:

„Ja, was tut er hier? Ein reicher, geehrter alter Mann — und läßt sich herbei, in einem schmutzigen Nest die Rüpel lustig zu machen! Aber er hat keine Stimme mehr; in den großen Städten wollen sie ihn nicht mehr; und da man, scheint es, in unserem Leben das Händeklatschen nie entbehren lernt, müssen es nun die Fäuste der Bauern besorgen, — wie man vielleicht die Mägde noch blenden kann, wenn einen die Herrinnen nicht mehr ansehen … So geht es zu bei uns. Wir treiben es weiter, wie auch ich es so lange trieb: immer

61