Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/53

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„Auch die Klöster wollen leben; und dort oben wird sie wenigstens allein und frei sein!“

Ah! tausendmal lieber wollte er sie dort oben verschwunden, begraben wissen, als lebend unter Gemeinen, auf gemeinen Plätzen, in gemeinen Armen!

„Sie wird rein sein“, dachte er, indes der Advokat ihn enttäuscht betrachtete, — und wunder und bebender: „Nie werde ich sie wiedersehen. Aber auch kein anderer wird sie sehen.“

Da sprang er zurück und griff nach dem Geländer.

„Was ist geschehen?“ fragte der Advokat erschreckt. Der Tenor hielt die Hand aufs Herz gedrückt und antwortete nicht. Der Advokat folgte seinem verstörten Blick, der in die offene Terrassentür ging.

„He! Niccolo! da sind wir“, rief er, und der Bursche kam hervor mit dem gefüllten Netz.

„Ah, Sie sind schreckhaft, junger Mann,“ — und Belotti klopfte Nello auf die Schulter. „Sie haben Nerven: wie alle Künstler. Man weiß auch, wovon.“

Er zwinkerte und klopfte. Nello entriß ihm die Schulter. Er beugte sich über die Balustrade und schloß die Augen. Sie hätte es sein können! Was sollte geschehen, wenn er sie wiedersah! Schon diese Nacht, verlebt in ihrem Bereich, unter Dingen, die ihre waren, hatte ihn entzückt und erschöpft.

Er stieg, unbeachtet von den beiden, die über den Preis der Eier stritten, in den Garten hinab. War nicht dies die Bank, auf der er geruht hatte und wo gewiß auch sie sich niedersetzte? Im Dunkeln hatte er auf dem Wege nach einer Spur ihres Fußes getastet, hatte seine Hand darin gekühlt und seine Lippen darauf gedrückt. Wo war nun die Spur?

„Habe ich sie mir denn vorgetäuscht? Ach, ich schmeichelte mir auch, der Nachtwind bringe mir den Duft ihres Zimmers:

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