Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/429

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„Zwei Männer wie ihr! Niemand hätte euch zugetraut, daß ihr dies bürgerliche Fest stören würdet. Da Ihr Euch mit Eurer Frau versöhnt habt, Chiaralunzi —“

Denn die Frau lächelte, wenn auch mit geschwollenen Augen.

Der Maestro habe sie verleumdet, wiederholte der Schneider störrisch, er sei nun einmal sein Feind. Der Advokat behauptete, der Maestro habe das nur gesagt, um etwas Witziges zu sagen.

„Ihr wißt wohl, Chiaralunzi, daß es komisch ist, wenn die Frau den Mann betrügt.“

Der Kapellmeister spreizte die Hand.

„Haltet mich für einen Intriganten, obwohl ich nur zornig war, — aber glaubt nie wieder, o glaubt nie wieder, daß ich die Wahrheit gesprochen habe! Wie könnte ichs ertragen, Euch unglücklich gemacht zu haben, ich, der ich jetzt so glücklich bin.“

Er schluchzte; kaum verstand man ihn. Der Advokat sagte, mit erschütterter Stimme:

„Könnt Ihr zweifeln?“

Der Schneider ward langsam rot, schnaufte unruhig, — und plötzlich griff er nach der Hand des andern. Der Advokat klatschte Beifall.

„So haßt ihr euch denn nicht mehr.“

„Haßten wir uns wirklich?“ sagte der Kapellmeister. „Es war wie der Haß eines andern, durch Zufall aufgelesen. Man wirft ihn nicht weg, weil man ihn hat. Es scheint, daß der menschliche Haß in unserem Stolze wächst; weil man ungerecht war, wird man noch ungerechter. Aber das größte Unrecht tut man sich selbst. Wie hätte ich noch meine Oper schreiben können!“

Zum Advokaten:

„Denn Sie glauben nicht, wie gut man sein muß, um zu schaffen.“

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