Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/393

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rief er um Hilfe gegen das Elend der Unwissenheit. „Ich habe dich nicht gekannt, o Herr, da ich die Liebe nicht kannte; und ach, wie jene, die seufzen, mich bei dir anklagen, weil ich dich ihnen nicht offenbarte!“ … Dreimal rief er um Hilfe gegen das Elend der Schuld. Dreimal rief er um Hilfe gegen das Elend der Strafe, — rief langgezogen, nasal und zitternd; und sein letzter Ton irrte noch, ein armer, suchender Mißklang, durch das Aufbrausen der Orgel hin, das wie der stöhnende Atem von Tausenden war. Chorgesang brach aus gleich einem großen Weinen, und alle Instrumente hoben leidenschaftlich zu klagen an.

„Das ist das Kyrie. Hört Ihr mich, Signora Eufemia? Ach, ach, ich will Euch nur bekennen, daß Euer Carluccio hübscher ist als mein Lino. Darum sagte ich, ihm sei das Chorhemd zu groß.“

„Ach, ach“, ging es durch die Bänke. Das Volk in den Kapellen erbebte.

Don Taddeo aber brachte alle Laute des menschlichen Elends zum Schweigen. Seine Stimme erhob sich, in einsamer Tapferkeit:

„Gloria in excelsis!“

Und es antwortete ihm der Chor:

„Gloria in excelsis!“

Der Strich der Violinen errichtete Staffeln nach oben, die Hörner stürmten feierlich. Wie der Wind schwang sich die Orgel auf.

Als es wieder still war, bekreuzte sich der Schlosser Fantapiè.

„Mir scheint, daß Gott will, wir sollen den Advokaten zurückholen.“

„Ich sage nicht nein,“ antwortete der Krämer Serafini, „aber wird Crepalini wollen?“

Denn der Bäcker wühlte umher.

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