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Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/327

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meinem Feinde, dem Advokaten, zuliefen. Die Verderbnis der Stadt ist meine Strafe und das Abbild meiner eigenen Verderbnis. Denn das Namenlose ist geschehen, und ich, der Hüter des Geistes, bin dem Fleische erlegen. Der Geist, der heilig ist und mich erfüllte, konnte den Bildern des Fleisches weichen! Was spreche ich vom Papst und von den Strafen? Es könnte weder Papst noch Gott geben; keine Ewigkeit könnte der Menschen warten; und dennoch bliebe der Geist — o! welche Erkenntnis und welche Niederlage — er bliebe heilig, und ich, der ihm geweiht war und gleichwohl meine Gedanken in die gemeine Lust der Ungeweihten gemischt habe, ich bin nun schrecklicher verdammt, als je ein der Hölle Verfallener.“

Er reckte die Arme hinauf.

„Vernichtung! Gott! Reinige mich und vernichte mich! Wir müssen brennen: sie, die mich zu Fall gebracht hat, ich selbst — und alle, die hier sündigten: die Stadt muß brennen! Du willst es, Herr!“

Er stand steif; droben zitterten die Spitzen seiner bleichen Hände wie Pfeile zum Himmel. Vom Himmel floß es heiß an ihnen herab. Don Taddeo fühlte sich verzehrt und gereinigt. Er schloß die Augen, umwogt von göttlichen Flammen. Sie hoben ihn auf. Die Stadt war unter ihm, und sie brannte, auch sie. Don Taddeo war vor dem Tode noch so mächtig gewesen, daß sein Gedanke sie in Brand gesteckt hatte. Nun starb er, erlöst … Er seufzte und öffnete die Augen. Er lebte noch, drüben glomm das Licht vom Gasthaus „zum Mond“, nichts war geschehen. Don Taddeo taumelte auf sein Bett.

„Ich bin machtlos. Und ich werde wahnsinnig. Was wird kommen?“

Er horchte entsetzt. Ihre Stimme! Sie nahte, schwoll an, sie lachte wie der Dämon. Don Taddeo hielt sich die Ohren zu, aber er hörte. Er drückte die Lider aufeinander und den-

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