Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/267

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schuldigte er sich. Sein altes Hasenprofil lächelte zahm und schlau.

„Eine Kundin ging vorüber, mein Herr: nichts als eine Kundin.“

Und indes Nello über die großkarierten Stoffe gebeugt stand, fiel die Matratze der Domtür hinter Alba zu.

 

Die Kirche war ganz leer. Alba strich den Schleier von den Augen, sah, leise keuchend, umher wie nach Verfolgern und sank in der nächsten Bank auf die Knie. Sie legte die Stirn in die Hände. Als die kalte Luft ihren heißen Nacken wollüstig erschauern machte, zog sie das Tuch darüber. Ihre Schultern zuckten, ihre Stirn preßte, als würde sie immer schwerer, die schmerzenden Hände gegen das harte Holz. Mit einem Ruck richtete sie sich auf, betrachtete diese Hände, betrachtete den See von Tränen, den ihre beiden Augen auf der Bank zurückgelassen hatten, und schüttelte langsam den Kopf … Ein Geräusch in der Vorhalle: Alba flüchtete in den Schatten eines Beichtstuhles.

Sie glitt hervor, stahl sich bis hinter die Nonne, die vor der Kapelle des heiligen Agapitus kniete, und tastete leise nach ihrem Saum: tastete und stockte. Die Hand fuhr zurück, angstvoll um den Hals, woraus ein Schluchzen brechen wollte. Die Augen heiß auf der im Frieden Anbetenden, schlich Alba rückwärts davon in das Dunkel.

Die Nonne war fort. Weite Stille: — aber der lange gelbe Vorhang des letzten Fensters dort hinten bewegte sich; etwas Schwarzes raschelte herab; und unter der Türöffnung zur Seite des Hochaltars erschien Don Taddeo. Er beugte die Schultern, worauf Kalk lag; wie gebrochen ging er; sein entzündeter Blick irrte durch das Schiff. Wie unversehens Alba hervortrat, erschrak er, daß seine Soutane schlotterte. Bei

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