Page:H.M. Die Tote und andere Novellen.djvu/74

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lich an!“ Und weil sie es wollte, sah er sie, sah mit einem Schlag alles. Sie hatte die Lippen heute nicht gefärbt, die Haut des Gesichtes gelassen, wie sie war, dem Blick nicht nachgeholfen, das Kleid umgehängt wie um irgendeine Nebenperson, und stand auf einmal da, als sei sie entblößt von einem goldenen Nebel und in den Alltag versetzt. Die Augen erkaltet von Enttäuschungen und geschwächt von Verlusten, der Zug des Hohnes eingewurzelt um den Mund, umgewühlt die Stirn wie ein Feld mit Leichen und müde dies menschliche Wesen nach getragenen Lasten, entstellt das Antlitz und der Leib durch Kampf, den täglichen Kampf um das Brot der Seele und um ihr Dasein, den nie entschiedenen Kampf: so stand sie vor dem Bruder, der die Hände erhob, langsam aufhob und sie faltete. Da sie sah, er habe begriffen, sagte sie: „Diese acht

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