Page:H.M. Die Armen.djvu/67

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Düfte, aber noch streifte Mondlicht die Wege. Von der Terrasse dahinten rieselte es. Oder nein: ein Wesen, herabwandelnd im schleppenden Silbergewand, langsam von Stufe zu Stufe. Er suchte das Gesicht und fand nur Augen, die Augen seiner Schwester Leni.

„Siehst du,“ sagte er ihr, „dies ist für uns.“

Er fühlte: „Warum ich, statt Heßling? Aber weil auch Leni da ist.“

So weinte er denn, versteckt im Gebüsch der Tannen; und nach langem Weinen ging er auf die Fabrik zu, querfeldein, unter Vermeidung der Wohnhäuser. Unnütz, daß der Aufpasser am Tor ihm diese Nacht ansah.

Am Abend, als er seinen Rock wieder anzog, begegnete er darin einem fremden Gegenstand. Ein Buch — das Buch des Herrn Buck. „Da wird es sich zeigen, wie ich es mache,“ dachte er hoffnungsvoll und schlug auf. Was war das? Fremde Worte untereinander, daneben deutsche, und Sätze wie für Kinder. Ein Lehrbuch des Lateinischen — weniger noch, eine Lateinfibel … Der Arbeiter steckte sie schnell wieder ein und ging heim, gesenkten Kopfes.

Zu Haus aber erhob er ihn. Er hatte begriffen und war entschlossen. Sein Brot, seinen Käse — und gleich an den fichtenen Tisch, worauf sonst nie etwas lag. Jetzt liegt das Buch darauf. Es will gelernt

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