Page:H.M. Diana.djvu/279

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.

aus ihm hervorgelockt, — aber sehr wenig blinde Leidenschaft; oder wenigstens müßte er sich immerfort aufmuntern: ,Ich will blind sein, ich will blind sein.‘ Ich glaube ihm nicht, daß er aus Gier nach mir seine Rolle, die Rolle seines ganzen Lebens fallen läßt. Es scheint fast, als achtete ich ihn zu sehr, um es zu glauben … Und doch hätte ich diesen Glauben nötig, als Beruhigungsmittel. Meine allzu lange, verträumte Trägheit hat mich erschlafft und gereizt. Ich irre tagsüber in Qualen der Langenweile umher, und nachts liege ich mit schrecklichen Beängstigungen auf meinem Bett am weitoffenen Fenster. Ich lasse die Luft über meine entblößten Glieder streichen, ich fiebere, es wetterleuchtet, und ich sehe dürstend die dunkeln, kühlen Gestalten meiner Heimatserde, jene bronzenen Hirten, Räuber, Fischer und Bauern, in den aufflammenden Horizont hineinragen. Wann siege ich? Bin ich in der Verbannung vergessen? Ist dies das Ende? Habe ich die Zeit der Thaten verpaßt, oder gar die Zeit … des Lebens? Vice, kennst du solche Nächte? Die Angst schleicht sich bis in die Fußspitzen, ich erkaufe mir ein Stündchen dumpfer Erlösung, nicht mit Della Pergolas Liebe, sondern mit einem Pülverchen Chloral, Sulfonal oder Morphin.“

Der Mittag wuchtete auf dem verlassenen See; er glänzte weiß wie Zinn. Die Allee schloß sich, einsam und grün versponnen, in der Ferne mit Laubmassen, die dunkel blitzend von den Wipfeln bis zur Erde hinabzurauschen schienen. Die Freundinnen lehnten aufrecht an der steilen Rückwand einer alten Bank von

263