Page:H.M. Der Untertan.djvu/91

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wenn einem solche Unmenge Macht in den Schoß gefallen ist, wäre es auch wirklich Selbstmord, sich nicht zu überschätzen. Aber in tiefster Seele hat er sicher seine Zweifel an der Rolle, die er sich zumutet.“

„Rolle?“ fragte Diederich. Buck merkte es gar nicht.

„Denn die kann ihn weit führen, da sie in der Welt, wie sie heute nun einmal ist, verdammt paradox wirken muß. Diese Welt erwartet von keinem einzelnen irgend mehr als von seinem Nachbarn. Auf Niveau kommt es an, nicht auf Auszeichnung, und am allerwenigsten auf große Männer.“

„Erlauben Sie!“ Diederich warf sich in die Brust. „Und das Deutsche Reich, hätten wir das ohne große Männer? Hohenzollern sind immer große Männer.“ — Buck verzog schon wieder den Mund, wehmütig und skeptisch. „Dann müssen sie sich in acht nehmen. Und wir anderen auch. Der Kaiser steht, auf seine Verhältnisse übertragen, vor derselben Frage wie ich. Soll ich General werden und mein ganzes Leben auf einen Krieg einrichten, der voraussichtlich nie mehr geführt werden wird? Oder ein womöglich genialer Volksführer, während das Volk doch schon so weit ist, daß es auf die Genies verzichten kann? Beides wäre Romantik, und Romantik führt bekanntlich zum Bankerott.“ Buck trank zwei Kognaks nacheinander.

„Was soll ich also werden?“

„Ein Alkoholiker“, dachte Diederich. Er fragte sich, ob es nicht seine Pflicht sei, Buck einen Krach zu machen. Aber Buck trug Uniform! Auch würde der Lärm vielleicht Agnes hervorgescheucht haben, und was konnte dann alles entstehen! Immerhin beschloß er, sich Bucks Äußerungen genau zu merken. Dachte der Mensch mit solchen Gesinnungen Karriere zu machen? Diederich erinnerte sich,

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