Page:H.M. Der Untertan.djvu/76

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bogen in die Dorotheenstraße. Hier war es wenig belebt, Diederich verlangsamte den Schritt, er fing an zu lachen.

„Das ist eigentlich hochkomisch. Was Mahlmann Ihnen nämlich schenkte, war mit meinem Geld bezahlt. Er nahm mir ja alles ab, ich war noch ein ganz grüner Junge.“

Sie blieb stehen. „Oh!“ — und sie sah ihn an, ihre goldbraunen Augen zitterten. „Das ist schrecklich. Können Sie mir das verzeihen?“

Er lächelte überlegen. Das seien alte Geschichten, Jugendtorheiten.

„Nein, nein“, sagte sie verstört.

Die Hauptsache, meinte er, sei jetzt, wie sie nach Hause komme. Hier ging es schon wieder nicht weiter. Omnibusse waren auch nicht zu sehen. „Es tut mir leid, aber Sie werden sich meine Gesellschaft noch länger gefallen lassen müssen. Übrigens wohne ich gleich hier. Sie könnten mit hinaufkommen, da wären Sie wenigstens im Trockenen. Aber natürlich, eine junge Dame darf das nicht.“

Sie hatte noch immer diesen flehenden Blick.

„Sie sind so gut“, sagte sie, stärker atmend. „Sie sind so edel.“ Und da sie schon das Haus betraten: „Zu Ihnen kann ich doch Vertrauen haben?“

„Ich weiß, was ich der Ehre meiner Korporation schulde“, erklärte Diederich.

Sie mußten an der Küche vorbei, aber es war niemand darin. „Legen Sie doch so lange ab“, sagte Diederich gnädig. Er stand da, ohne Agnes anzusehen, und trat, während sie den Hut abnahm, von einem Fuß auf den anderen.

„Ich muß die Wirtin suchen, damit sie Tee macht.“ Er wandte sich schon nach der Tür, zuckte aber zurück: Agnes hatte seine Hand ergriffen und küßte sie! „Aber Fräulein

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