Page:H.M. Der Untertan.djvu/492

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nahm er mit Eifer eine Unterredung auf, die doch jedesmal schroff abbrach, nachdem sie die schärfsten Gegensätze bloßgelegt hatte. Er führte Buck sogar in sein Heim ein, erlebte dabei aber eine Überraschung. Denn wenn Buck anfangs wohl nur einem besonders guten Kognak zuliebe kam, bald kam er sichtlich wegen Emmi. Die beiden verstanden sich über Diederich hinweg und in einer Art, die ihn befremdete. Sie führten spitze und scharfe Gespräche, anscheinend ohne das Gemüt oder die anderen Faktoren, die der Verkehr der Geschlechter normalerweise in Betrieb setzte; und senkten sie die Stimmen und wurden vertraulich, fand Diederich sie vollends unheimlich. Er hatte nur die Wahl, ob er dazwischenfahren und korrekte Verhältnisse herstellen oder aber das Zimmer verlassen sollte. Zu seinem eigenen Erstaunen entschied er sich für das letztere. „Sie haben beide sozusagen ihre Schicksale gehabt, wenn die Schicksale auch danach waren“, sagte er sich mit der Überlegenheit, die ihm zukam, und ohne viel darauf zu achten, daß er im Grunde stolz war auf Emmi, stolz, weil Emmi, seine eigene Schwester, fein genug, besonders genug, ja, fragwürdig genug schien, um sich mit Wolfgang Buck zu verständigen. „Wer weiß“, dachte er zögernd, und dann entschlossen: „Warum nicht! Bismarck hat es auch so gemacht, mit Österreich. Zuerst niedergeworfen, dann ein Bündnis!“

Aus diesen noch dunklen Überlegungen heraus widmete Diederich auch dem Vater Wolfgangs wieder ein gewisses Interesse. Der alte Buck, von einem Herzleiden befallen, kam nur mehr selten zum Vorschein, und dann stand er die meiste Zeit vor irgendeinem Schaufenster, scheinbar in die Auslage vertieft, in Wirklichkeit aber einzig bemüht, zu verbergen, daß er nicht atmen konnte. Was

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