Page:H.M. Der Untertan.djvu/482

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„Sofort aus dem Hause mit der Schweinerei!“ befahl Diederich; und als sie fort war, irrte er noch lange, keimtötende Flüssigkeiten verspritzend, durch die Wohnung.

Am Abend bei der Lektüre des „Lokal-Anzeigers“ erklärte er seiner Gattin immer wieder, daß leben nicht notwendig sei, wohl aber schiffahren — was Guste schon darum einsah, weil auch sie die Kaiserin Friedrich nicht mochte, die uns bekanntlich an England verriet, ganz abgesehen von gewissen häuslichen Zuständen in Schloß Friedrichskron, die Guste lebhaft mißbilligte. Gegen England brauchten wir eine starke Flotte; es mußte unbedingt zerschmettert werden, es war der ärgste Feind des Kaisers. Und warum? Man wußte es in Netzig ganz genau: nur weil Seine Majestät einst in angeregter Laune dem Prinzen von Wales dort, wo es am verlockendsten erschien, einen freundschaftlichen Schlag versetzt hatte. Außerdem kamen aus England gewisse feine Papiersorten, deren Einfuhr durch einen siegreichen Krieg am sichersten abgestellt worden wäre. Über die Zeitung hinweg sagte Diederich zu Guste: „So wie ich England hasse, hat nur Friedrich der Große dies Volk von Dieben und Händlern gehaßt. Das ist ein Wort Seiner Majestät, und ich unterschreibe es.“ Er unterschrieb jedes Wort in jeder Rede des Kaisers, und zwar in der ersten, stärkeren Form, nicht in der abgeschwächten, die sie am Tage darauf annahmen. Alle diese Kernworte deutschen und zeitgemäßen Wesens — Diederich lebte und webte in ihnen, wie in Ausstrahlungen seiner eigenen Natur, sein Gedächtnis bewahrte sie, als habe er sie selbst gesprochen. Manchmal hatte er sie wirklich schon gesprochen. Andere untermischte er bei öffentlichen Gelegenheiten seinen eigenen Erfindungen, und weder er noch ein anderer unterschied, was von ihm

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