Page:H.M. Der Untertan.djvu/459

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ich es Ihnen ja sagen, mir kam das Mädchen schon immer so vor, als ob sie bei Ihnen auch nicht sauer werden würde.“

Aber Jadassohn verwahrte sich, nicht ohne Eigenliebe. „Was glauben Sie denn? Ich selbst habe ihr Empfehlungen mitgegeben. Passen Sie auf, sie macht Karriere in Berlin.“

„Daran zweifle ich nicht.“ Diederich zwinkerte. „Ich kenne ihre Qualitäten … Sie allerdings haben mich für naiv gehalten.“ Jadassohns Abwehr ließ er nicht gelten. „Sie haben mich für naiv gehalten. Und zur selben Zeit bin ich Ihnen verdammt ins Gehege gekommen, jetzt kann ich es ja sagen.“ Er berichtete dem anderen, der immer unruhiger ward, sein Erlebnis mit Käthchen im Liebeskabinett — berichtete es so vollständig, wie es in Wahrheit nicht stattgefunden hatte. Mit einem Lächeln befriedigter Rache sah er auf Jadassohn, der sichtlich im Zweifel war, ob hier der Ehrenpunkt Platz greifen müsse. Schließlich entschied er sich dafür, Diederich auf die Schulter zu klopfen, und man zog in freundschaftlicher Weise die gebotenen Schlüsse. „Die Sache bleibt natürlich streng unter uns … So ein Mädchen muß man auch gerecht beurteilen, denn woher soll die bessere Lebewelt sich ergänzen … Die Adresse? Aber nur Ihnen. Kommt man dann mal nach Berlin, so weiß man doch, woran man ist.“ „Es hätte sogar einen gewissen Reiz“, bemerkte Diederich, in sich hineinblickend; und da Jadassohn sein Gepäck sah, nahmen sie Abschied. „Die Politik hat uns leider etwas auseinander gebracht, aber im Menschlichen findet man sich, Gott sei Dank, wieder. Viel Vergnügen in Paris.“

„Vergnügen kommt nicht in Frage.“ Jadassohn wandte sich um, mit einem Gesicht, als sei er im Begriff, jemand hineinzulegen. Da er Diederichs beunruhigte Miene sah,

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