Page:H.M. Der Untertan.djvu/445

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„Auch ein Bollwerk!“ sagte Heuteufel. Diederich reckte den Finger nach ihm. „Sie haben den Kaiser beleidigt!“ rief er mit äußerster Schneidigkeit. Aber hinter ihm kreischte jemand: „Spitzel!“ Es war Napoleon Fischer, und seine Genossen wiederholten es aus rauhen Kehlen. Sie waren aufgesprungen, sie umringten Diederich in unglückverheißender Weise. „Er provoziert schon wieder! Er will noch einen ins Loch bringen! ’raus!“ Und Diederich ward angepackt. Angstverzerrt wand er den Hals, den schwielige Fäuste beengten, nach dem Vorsitzenden hin und flehte erstickt um Hilfe. Der alte Buck gewährte sie ihm, er klingelte anhaltend, und er schickte sogar einige junge Leute aus, damit sie Diederich von seinen Feinden erretteten. Kaum daß er sich rühren konnte, schwang Diederich den Finger gegen den alten Buck. „Die demokratische Korruption!“ schrie er, tanzend vor Leidenschaft. „Ich will sie ihm beweisen!“ „Bravo! Reden lassen!“ — und das Lager der nationalen Männer setzte sich in Bewegung, überrannte die Tische und maß sich Aug’ in Auge mit dem Umsturz. Ein Handgemenge schien bevorzustehen: schon faßte der Polizeileutnant dort oben seinen Helm an, um sich damit zu bedecken; es war ein kritischer Moment — da hörte man von der Bühne herab befehlen: „Ruhe! Er soll sprechen!“ Und es ward fast still, man hatte einen Zorn vernommen, größer als irgendeiner hier. Der alte Buck, heraufgewachsen hinter seinem Tisch dort oben, war kein würdiger Greis mehr, er schien schlanker vor Kraft, vom Haß war er bleich, und einen Blick schnellte er gegen Diederich: der Atem stockte einem.

„Er soll sprechen!“ wiederholte der Alte. „Auch Verräter haben das Wort, bevor sie abgeurteilt werden. So sehen die Verräter an der Nation aus. Sie haben sich

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