Page:H.M. Der Untertan.djvu/431

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Zum Abschied gab er ihr die Hand. Sie rief ihn nochmals zurück.

„Du wirst ihn fordern?“ Sie riß die Augen auf und hielt die Hand vor den Mund.

„Wieso?“ machte Diederich, denn hieran hatte er nicht mehr gedacht.

„Schwöre mir, daß du ihn nicht forderst!“

Er versprach es. Zugleich errötete er, denn er hätte gern noch gewußt, für wen sie fürchtete, für ihn oder für den anderen. Dem anderen würde er es nicht gegönnt haben. Aber er unterdrückte die Frage, weil die Antwort ihr peinlich sein konnte; und er verließ das Zimmer beinahe auf den Fußspitzen.

Die beiden Frauen, die noch immer drunten warteten, schickte er streng zu Bett. Er selbst legte sich erst dann neben Guste, als sie schon schlief. Er hatte zu bedenken, wie er morgen auftreten würde. Natürlich imponieren! Zweifel am Ausgang der Sache überhaupt nicht zulassen! Aber anstatt seiner eigenen, schneidigen Gestalt erschien vor Diederichs Geist immer wieder ein gedrungener Mann mit blanken bekümmerten Augen, der bat, aufbrauste und ganz zusammenbrach: Herr Göppel, Agnes Göppels Vater. Jetzt verstand Diederich in banger Seele, wie damals dem Vater zumute gewesen war. „Du kennst das nicht“, meinte Emmi. Er kannte es — weil er es zugefügt hatte.

„Gott bewahre!“ sagte er laut und wälzte sich herum. „Ich lasse mich auf die Sache nicht ein. Emmi hat doch nur geblufft mit dem Chloroform. Die Weiber sind raffiniert genug dafür. Ich werf’ sie hinaus, wie es sich gehört!“ Da stand vor ihm auf regnerischer Straße Agnes und starrte, das Gesicht weiß von Gaslicht, zu seinem Fenster hinauf. Er deckte das Bettuch über seine Augen.

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