Page:H.M. Der Untertan.djvu/426

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ließ. Die heuchlerische Milde, mit der er getan hatte, als verzeihe er Diederich den Ruin seines Schwiegersohnes! Wozu hatte er ihn protegiert und in die Stadtverordnetenversammlung gebracht? Nur damit Diederich sich Blößen gebe und leichter zu fassen sei. Die Frage des Alten damals, ob Diederich der Stadt sein Grundstück verkaufen wolle, stellte sich jetzt als die gefährlichste Falle heraus. Diederich fühlte sich durchschaut von jeher; ihm war jetzt, als sei bei seiner geheimen Unterredung mit dem Präsidenten von Wulckow der alte Buck, unsichtbar im Tabaksqualm, dabei gewesen; und als Diederich, in einer dunklen Winternacht an Gausenfeld hinangeschlichen, sich in den Graben geduckt und die Augen, die vielleicht funkelten, geschlossen hatte, da war droben der alte Buck vorbeigegangen und hatte zu ihm hinabgespäht … Im Geiste sah Diederich den Alten sich über ihn beugen und die weiße, weiche Hand hinhalten, um ihm aus dem Graben zu helfen. Die Güte in seinen Zügen war krasser Hohn, sie war das Unerträglichste. Er dachte Diederich kirre zu machen und mit seinen Schlichen leise zurückzuleiten wie einen verlorenen Sohn. Aber man sollte sehen, wer schließlich die Treber fraß!

„Was hast du, mein lieber Sohn?“ fragte Frau Heßling, denn Diederich hatte vor Haß und Angst schwer aufgestöhnt. Er erschrak; in diesem Augenblick betrat Emmi das Zimmer, sie hatte es, so meinte Diederich, schon mehrmals betreten — ging zum Fenster, streckte den Kopf hinaus, seufzte, als sei sie allein, und begab sich auf den Rückweg. Guste sah ihr nach; wie Emmi an Diederich vorbeikam, umfaßte Gustes spöttischer Blick sie beide, und Diederich erschrak noch tiefer: denn dies war das Lächeln des Umsturzes, das er an Napoleon Fischer kannte. So lächelte Guste. Vor Schrecken runzelte er die Stirn und rief

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