Page:H.M. Der Untertan.djvu/394

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riesige Mahlzeiten und fragten sich nur, was erst geschehen wäre, wenn die Odaliske nicht in der Mitte zerschnitten, sondern ganz gewesen wäre. Aus Müdigkeit versäumten sie den Zug und kehrten am Abend, so früh wie möglich, in ihr billiges und aufreibendes Zimmer zurück. Ein Ende dieser Art zu leben war nicht absehbar; da las Diederich mit seinen schweren Lidern in der Zeitung, daß der Kaiser unterwegs nach Rom sei zum Besuch des Königs von Italien. Ein Schlag, er war aufgewacht. Elastisch bewegte er sich zum Portier, ins Bureau, an den Lift; und mochte Guste jammern, daß ihr schwindlig werde, die Koffer waren schon fertig, Diederich schleifte Guste schon hinaus. „Muß es denn sein?“ klagte sie, „wo doch das Bett so gut ist!“ Aber Diederich hinterließ nur noch einen höhnischen Blick für die Odaliske. „Amüsieren Sie sich weiter gut, meine Gnädigste!“

Vor Aufregung schlief er lange nicht. Guste schnarchte friedlich an seiner Schulter, indes Diederich, durch die Nacht sausend, bedachte, wie nun auf einer anderen Linie, aber nicht weniger sausend, demselben Ziel der Kaiser selbst entgegenfuhr. Der Kaiser und Diederich machten ein Wettrennen! Und da Diederich schon mehrmals im Leben hatte Gedanken äußern dürfen, die auf mystische Art mit denen des Allerhöchsten Herrn zusammenzufallen schienen, vielleicht wußte Seine Majestät zu dieser Stunde um Diederich: wußte, daß sein treuer Untertan ihm zur Seite über die Alpen zog, um den feigen Welschen mal klarzumachen, was Kaisertreue heißt. Er blitzte die Schläfer auf der anderen Bank an, kleine schwarze Leute, deren Gesichter im Schlaf verfallen aussahen. Germanische Reckenhaftigkeit sollten sie kennenlernen!

Früh in Mailand und mittags in Florenz stiegen Rei-

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