Page:H.M. Der Untertan.djvu/372

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„Das begreife ich nicht“, sagte Diederich. „Er hatte doch etwas ganz Dringendes bei Ihnen vor.“

Hierauf errötete Guste. Diederich wandte sich der Tür zu. „Dann empfehle ich mich auch.“

„Was wollte er denn?“ forschte sie. „Das kommt bei ihm doch nicht oft vor, daß er etwas will. Und wozu bringt er Sie mit?“

„Das sehe ich auch nicht ein. Ich darf sogar sagen, daß ich es entschieden mißbillige, wenn er sich bei einer solchen Gelegenheit Zeugen nimmt. Meine Schuld ist es nicht, adieu.“

Aber je verlegener er sie ansah, desto dringender ward sie.

„Ich muß es ablehnen,“ verriet er schließlich, „daß ich mir mit den Angelegenheiten Dritter soll den Mund verbrennen, noch dazu, wenn der Dritte durchgeht und entzieht sich seinen nächstliegenden Verpflichtungen.“

Gustes aufgerissene Augen sahen die Worte einzeln aus Diederichs Mund hervorkommen. Als das letzte gefallen war, verharrte sie einen Augenblick reglos, und dann warf sie die Hände vor das Gesicht. Sie schluchzte, man sah ihre Wangen aufquellen und die Tränen ihr durch die Finger rinnen. Sie hatte kein Schnupftuch; Diederich lieh es ihr, betreten durch ihren Schmerz. „Schließlich“, meinte er, „ist ja so viel nicht an ihm verloren.“ Da aber empörte sich Guste. „Das sagen Sie! Sie sind derjenige welcher und haben immer gegen ihn gehetzt. Daß er ausgerechnet Sie muß herschicken, das kommt mir mehr wie sonderbar vor.“

„Wie meinen Sie das, bitte?“ verlangte Diederich seinerseits. „Sie mußten wohl reichlich so genau wissen wie ich, geehrtes Fräulein, was Sie von dem betreffenden Herrn zu erwarten hatten. Denn wo die Gesinnung schlapp ist, ist alles schlapp.“

Da sie ihn höhnisch musterte, versetzte er um so strenger:

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