Page:H.M. Der Untertan.djvu/321

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blieben, hatten sich als erniedrigte Gräfin und armer Vetter erkannt, wußten nun, daß sie einander bestimmt waren, und schwärmten gemeinsam von künftigem Glanz, wenn sie unter goldener Decke mit anderen Ausgezeichneten, demütig stolz, von der Sonne der Majestät beschienen sein würden … Da hörte Diederich die Dichterin aufseufzen.

„Ihnen kann ich es sagen“, seufzte sie. „Ich entbehre hier doch sehr den Hof. Wenn man, wie ich, von Geburt dem Hofadel angehört —. Und nun —.“

Hinter ihrem Zwicker sah Diederich zwei Tränen perlen. Dieser Blick in die Tragik der Großen erschütterte ihn so sehr, daß er strammstand. „Frau Gräfin!“ sagte er, verhalten und stoßweise. „Die heimliche Gräfin sind also —“ Er erschrak und schwieg.

Die bleiche Stimme des Bürgermeisters war eben dabei, dem Präsidenten zu verraten, daß Kühlemann nicht wieder kandidieren werde, und daß die Freisinnigen den Doktor Heuteufel aufstellen wollten. Er war mit Wulckow darin einig, daß man Gegenmaßregeln treffen müsse, solange noch niemand die Auflösung des Reichstages erwartete…

Diederich wagte endlich wieder, leise und schonend:

„Frau Gräfin, aber, nicht wahr, es wird alles gut? Sie kriegen sich doch?“

Frau von Wulckow, mit Takt und Selbstbeherrschung, schränkte die Vertraulichkeit des Gefühls schon wieder ein. In leichtem Plauderton erklärte sie:

„Mein Gott, lieber Doktor, was wollen Sie, die leidige Geldfrage! Es ist wohl unmöglich, daß die jungen Leute zusammen glücklich werden.“

„Sie können doch prozessieren!“ rief Diederich, in seinem Rechtsgefühl gekränkt. Aber Frau von Wulckow verzog die Nase. „Fi donc! Das würde zur Folge haben,

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