Page:H.M. Der Untertan.djvu/317

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und die Schwiegermutter des Bürgermeisters gab ihr Zeichen. Frau von Wulckow rief fieberhaft über die Schulter:

„Meine Herren, die Schlacht ist gewonnen!“

„Wenn es bei uns auch so schnell ginge“, sagte ihr Gatte. „Na, also, Doktor, wie wollen Sie den Netzigern die Kandare anlegen?“

„Herr Präsident!“ Diederich drückte die Hand aufs Herz. „Netzig wird kaisertreu, dafür bürge ich Ihnen mit allem, was ich bin und habe!“

„Schön“, sagte Wulckow.

„Denn“, fuhr Diederich fort, „wir haben einen Agitator, den ich als erstklassig bezeichnen möchte: jawohl, erstklassig“, wiederholte er und umfaßte mit dem Wort alles Große; „und das ist Seine Majestät selbst!“

Doktor Scheffelweis sammelte sich eilig. „Die persönlichste Persönlichkeit“, brachte er hervor. „Originell. Impulsiv.“

„Na ja“, sagte Wulckow. Er stemmte die Fäuste auf die Knie und glotzte dazwischen auf den Boden, in der Haltung eines sorgenvollen Menschenfressers. Auf einmal merkten die beiden anderen, daß er sie von unten schief ansah.

„Meine Herren“ — er stockte wieder — „na, ich will Ihnen mal was sagen. Ich glaube, der Reichstag wird aufgelöst.“

Diederich und Doktor Scheffelweis streckten die Köpfe vor, sie wisperten. „Herr Präsident wissen —?“

„Der Kriegsminister war neulich mit mir auf der Jagd, bei meinem Vetter Herrn von Quitzin.“

Diederich machte einen Kratzfuß. Er stammelte, er wußte selbst nicht was. Er hatte es vorausgesagt! Schon bei seiner Aufnahme in den Kriegerverein hatte er eine Rede Seiner Majestät wiedergegeben, — und hatte er

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