Page:H.M. Der Untertan.djvu/28

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sich ins Sofa und fragte: „Wie gefällt Ihnen denn die Göppel? Netter Käfer, was? Nun wird er wieder rot! Poussieren Sie doch! Ich trete zurück, wenn Sie Wert darauf legen. Ich habe Aussicht bei fünfzehn verschiedenen.“

Da Diederich nachlässig abwehrte:

„Sie, da ist nämlich was zu machen. Ich müßte gar nichts von Weibern verstehen. Die roten Haare! — und haben Sie nicht gemerkt, wie sie einen ansieht, wenn sie meint, man weiß es nicht?“

„Mich nicht“, sagte Diederich noch geringschätziger. „Ich pfeife auch darauf.“

„Ihr Schade!“ Mahlmann lachte tobend — worauf er vorschlug, einen Bummel zu machen. Daraus ward eine Bierreise. Die ersten Gaslichter sahen sie beide betrunken. Etwas später, in der Leipziger Straße, bekam Diederich ohne Anlaß von Mahlmann eine mächtige Ohrfeige. Er sagte: „Au! Das ist aber doch eine —“ Vor dem Wort „Frechheit“ schrak er zurück. Der Mecklenburger klopfte ihm auf die Schulter. „Recht freundlich, Kleiner! Alles bloß Freundschaft!“ — und überdies nahm er Diederich die letzten zehn Mark ab … Vier Tage später fand er ihn schwach vor Hunger und teilte ihm von dem, was er inzwischen anderswo gepumpt hatte, großmütig drei Mark mit. Am Sonntag bei Göppels — mit weniger leerem Magen wäre Diederich vielleicht nicht hingegangen — erzählte Mahlmann, daß Heßling all sein Geld verlumpt habe und sich heute mal satt essen müsse. Herr Göppel und sein Schwager lachten verständnisvoll, aber Diederich hätte lieber nie geboren sein wollen, als von Agnes so traurig prüfend angesehen werden. Sie verachtete ihn! Verzweifelt tröstete er sich. „Es ist alles

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