Page:H.M. Der Untertan.djvu/26

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aufgesprungen — sein Stuhl flog an die Wand — und festen Schritts zur Tür geeilt. „Marie! Der Krehm!“ rief er hinaus. Rot und ohne jemand anzusehen, ging er wieder an seinen Platz. Aber er merkte ganz gut, sie blinzelten sich zu. Mahlmann stieß sogar höhnisch den Atem aus. Der Schwager äußerte mit künstlicher Harmlosigkeit: „Immer galant! So soll es sein.“ Herr Göppel lächelte zärtlich zu Agnes hin, die nicht von ihrem Kompott aufsah. Diederich stemmte das Knie gegen die Tischplatte, daß sie anfing sich zu heben. Er dachte: „Gott, o Gott, hätte ich nur das nicht getan!“

Beim Mahlzeitsagen gab er allen die Hand, nur um Agnes drückte er sich herum. Im Berliner Zimmer beim Kaffee wählte er seinen Sitz mit Sorgfalt dort, wo Mahlmanns breiter Rücken sie ihm verdeckte. Eine der Tanten wollte sich seiner annehmen.

„Was studieren Sie denn, junger Mann?“ fragte sie.

„Chemie.“

„Ach so, Physik?“

„Nein, Chemie.“

„Ach so.“

Und so imposant sie angefangen hatte, hierüber kam sie nicht hinweg. Diederich nannte sie im stillen eine dumme Gans. Die ganze Gesellschaft paßte ihm nicht. Von feindseliger Schwermut erfüllt, sah er darein, bis die letzten Verwandten aufgebrochen waren. Agnes und ihr Vater hatten sie hinausbegleitet. Herr Göppel kehrte zurück, erstaunt, den jungen Mann allein noch im Zimmer zu finden. Er schwieg forschend, einmal faßte er in die Tasche. Als Diederich unvermittelt, ohne um Geld gebeten zu haben, Abschied nahm, bekundete Göppel große Herzlichkeit. „Meine Tochter werd’ ich von Ihnen

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