Page:H.M. Der Untertan.djvu/171

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Blätter hoch in der Luft. „Meine Härn! Wenn ’ch den Brief nicht in der Klasse lesen lasse und als Aufsatzthema gebe, will’ch nicht mehr Kühnchen heeßen!“

Diederich war tiefernst. „Jawohl war Hammurabi ein Werkzeug Gottes! Ich möchte mal sehen, wer das leugnet!“ Und er blitzte umher. Nothgroschen krümmte die Schultern. „Na, und Kaiser Wilhelm der Große!“ fuhr Diederich fort. „Von dem bitte ich es mir ganz energisch aus! Wenn der kein Werkzeug Gottes war, dann weiß Gott überhaupt nicht, was ’n Werkzeug ist!“

„Ganz meine Meinung“, versicherte der Major. Glücklicherweise widersprach auch sonst niemand, denn Diederich war zum Äußersten entschlossen. An den Tisch geklammert, stemmte er sich von seinem Stuhl empor. „Aber unser herrlicher junger Kaiser?“ fragte er drohend. Von allen Seiten antwortete es: „Persönlichkeit … Impulsiv … Vielseitig … Origineller Denker.“ Diederich war nicht befriedigt.

„Ich beantrage, daß er auch ein Werkzeug ist!“

Es ward angenommen.

„Und ich beantrage ferner, daß wir Seine Majestät von unserem Beschluß telegraphisch in Kenntnis setzen!“

„Ich befürworte den Antrag!“ brüllte der Major. Diederich stellte fest: „Einmütige begeisterte Annahme!“ und fiel auf seinen Sitz zurück. Kühnchen und Jadassohn machten sich gemeinsam an die Abfassung der Depesche. Sie lasen vor, sobald sie etwas gefunden hatten.

„Eine im Ratskeller zu Netzig versammelte Gesellschaft —“

„Tagende Versammlung“, forderte Diederich. Sie fuhren fort:

„Versammlung national gesinnter Männer —“

„National, huck, und christlich“, ergänzte Pastor Zillich.

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