Page:H.M. Der Untertan.djvu/102

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Lippen geöffnet. Sie jubelte leise: „Ich wußte es, so bist du, du bist wie ich!“

„Wir gehören zusammen“, sagte Diederich und preßte sie an sich; aber er war erschrocken über seinen Ausruf: „Jetzt wartet sie,“ dachte er, „jetzt soll ich sprechen.“ Er wollte es, aber er fühlte sich gelähmt. Der Druck seiner Arme auf ihrem Rücken ward immer kraftloser … Sie bewegte sich: er wußte, nun wartete sie nicht mehr. Und sie lösten sich voneinander, ohne sich anzusehen. Diederich schlug plötzlich die Hände vor das Gesicht und schluchzte. Sie fragte nicht, weshalb; sie strich ihm tröstend über das Haar. Das währte lange.

Über ihn hinweg, ins Leere, sagte Agnes: „Hab’ ich denn geglaubt, daß es dauern würde? Es mußte schlimm enden, weil es so schön war.“

Er fuhr auf, verzweifelt. „Es ist doch nicht aus!“ Sie fragte:

„Glaubst du an das Glück?“

„Wenn ich dich verlieren soll, nicht mehr!“

Sie murmelte: „Du wirst fortgehen, hinaus in das Leben und mich vergessen.“

„Lieber sterben!“ — und er zog sie an sich. Sie flüsterte an seiner Wange:

„Sieh, wie breit hier das Wasser ist, ein See. Unser Boot hat sich von selbst losgemacht und uns hinausgeführt. Weißt du noch, jenes Bild? Und der See, auf dem wir schon einmal im Traum fuhren? Wohin wohl?“ Und noch leiser: „Wohin mit uns?“

Er antwortete nicht mehr. Ganz umschlungen und die Lippen aufeinander, senkten sie sich rückwärts immer tiefer über das Wasser. Drängte sie ihn? Zog er sie? Niemals waren sie so sehr eins gewesen. Diederich fühlte:

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