Dree Wiehnachten/Kapitel 1

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T'was wedder'n heten Dag west, grad wie de ändern vörher. - De Sunne brennde un pänkerde van fröh Morgens an, as wenn se det letzte bitchen Gras up de Wischen noch versengen süll un de Utsichten up Herwstfrüchte, tomal up de Tüffeln, de doch bi de Landlüd sönne grote Rolle spölen, würrn von Dag to Dag truriger. Der letzte Regen was üm Johanni rüm falln un nu was der August bald to Enn'. - Wenn ok det Korn woll noch so handlich geraden was, met de hohe Feldwischen un de Weid' för det Veh sach't slimm ut, so det keen Landmann ahn bange Sorgen an den nächsten Winter denken künn. Freilich verliert'n Bure in sönne Jahre mehr wie'n Daglöhnder, äber de Wehdagen van dise letzte Klasse sin doch de grötsten, denn wer ut de Hand in'n Mund lewen mütt, wer up det Swieniken, wat hä sick inslacht', un up de Tüffeln, de hä sick winnt, ewen so sehre anwesen is, wie up de paar Gröschen, de he verdent, den is de Sorge üm't dägliche Brod nich fremd un det is 'ne gar to sware Sorge.

Wenn de Fabriken un Handelsgeschäfte mal'n rechten Upswung nehmen, denn hebben de Lüd, de da arbei'n, ok'n Perd met an, denn stiet det Lohn un se verhalen sick! Uppen Lanne is det äber nich der Fall, weinigstens datomal dachte keen Mensch dran, det 'ne Veränderung intreden künn un det det Lohn bi düre Tied etwas erhöht werrn müßte; der Mann kreg bi Winterdag söß Sülwergröschen, in de Sommermonaten söß Gröschen Courant un de Frau halv so voel, so was det immer west un't schen ok so to bliwen, best in alle Ewigkeit; äber Inrichtung hörde dato, wenn de paar Gröschen van eene Woche best to de änder uthaun sülln, för Band un Tand was nißt öber, der Gröschen harr dunn noch'n groten Werth.

In det kleine Dörp Motzien, wovan ick vertelln will, was det grad ewenso, t'was nich better un nich slechter wie änderwegens un van eintliche Noth was im Allgemeinen nich de Rede; ick hev ok blos seggen wollt, met wo weinig man datomal noch verstund, sick un 'ne Familie dörch de Welt to brengen. Mede bruckten de Arbeitslüd nich an baar Geld betahlen, daför ded de Frau alle Woche twee Hofdag', afgestorwen Holt dürften se sick Sunndags ut de Haid' holen un de Kavel Lienland gaf so voel her, det för Kleedung keene grote Utgaben nödig wiren. Was der Winter mal apartig kolt, denn künn sick der Mann dadörch helpen, det hä twee Jacken un twee paar Hasen antreckte, de Jungs rönnden sick up de Slidderbahnen warm un de Scholstuv was so met Kindertüg vullpekelt, det det Linnentüg god utreikte. - Det werthvullste God, wat de kleine Lüd beseten, bestund in Zicke un Swien; freilich harr'n se keene Grundstücke, wo se sik det Fudder för öhre Veh winnen künn'n, äber da word Rath schafft un wert'n besten verstund den Eddelmann van sine Wischen wat wegtomusen, der word noch lange nich för'n grötsten Spitzbowen holl'n, det betracht'te Jeder as sin Recht un de Art Stehlerei was keene Sünne, man müßt sick blos nich krien laten.

Det olle Dörp har'n gar to fründliges Ansehn. - Up de eene Siet was't dörch Berge gegen den Abendwind schützt un wenn man da baben stund, denn sach man sön verschiedenartig Bomwerk, det man fast denken künn, det Ganze wir'n Lustgarn. - Freilich was fast im ganzen Dörpe keen nei'd Gebäude to fin'n, äber de oll ehrwürdigen Hüser würrn af un to met Kalkwater oder gele Farwe öberpinselt un kregen dadörch wedder sön frisches, jugendliches Ansehn, det man sick orndlich dröber freun künn; schef harrn se all bi Vaters un Großvaters Tied stahn, an Infallen was drüm noch lange nich to denken.

Dicht hinder de kleine Kerke, de fast ganz vöran im Dörpe stund, deielde sick de Strate vanehn, de eene ging det Dörp grad runder und de änder ging na'n Eddelhof rup, so det datüschen sön Dreeeck lag, äber bebaut was det ok, blos Prachtbauten wiren't ewen so weinig wie all de ändern.

Det Hus, wo der Lienewewer Henning sin Handwerk in bedrew, harr sik hellschen hinnen öber bögt, wogegen Smed Segelern sint na de eene Giebelsiet hen hing; det dridde, det Scholhus, stund äber noch so piel up as'n Propp, grad as wenn't seggen woll: "Mi löt tofrieden, ick hör de Gemeinde un werr van'n kloken Mann bewahnt, wenn der nich wir un wenn ick nich wir, denn mücht et woll slecht üm Ju bestellt sin." - Blos vörnehm sacht drüm nich ut, det Dack was gar to leg un de Fensterschiewen schillerden in so voelerlei Farwen, wenn de Sunne dagegen schiende, det de Jungs öhre Noth harrn, immer'n klein Lock tum Dörchkieken to finnen, wenn'n Waan vörbi führde un mehrschtendeels was öhr doch det, wat buten vörging, voel wichtiger, wie det, wat der Köster met öhr vörnam. - Up dit Dreeeck was nu eintlich de Gelehrsamkeit un Klokheit so recht tosammen kamen, denn det der Köster 'n gescheuten Mann was, hing jo mit sinen Stand tosammen un wenn hä van't Simnar vertellde un wie hä da mänchmal de Lehrers in Verlegenheit set't harr oder wie hä öhr gar met Redensarten vör de Brost sprungen was, denn künn man dütlich merken, det hä woll hellschen wat lehrt hebben müßte. - Süß was der Mann äber nich bösartig un't was man selten, det der Stock ut'n Winkel nahmen word, üm de Jungs de Jacken uttokloppen, sin Grundsatz was: lewen un lewen laten! Wer bi em wat lehren woll, der künn't jo dohn, hä harr gewiß nich wat dagegen, wer äber to de Sach keene Neigung harr, den ded hä ok keenen Twang an, bi em künn det Jeder bedriwen wie hä woll und wer nich mehr Kenntnisse muchte, wie för'n Ossenplöger nödig sin, den let hä sinen Willn.

Im Dörpe glöwte man im Allgemeinen, det in de Klokheit der Lienewewer gliek na'n Köster kam, hä sülwenst harr äber 'ne bettere Meinung van sik, em düchte, hä was den Köster öber. - As Carl Henning 'n Junge van sößtein Jahr was, wiren de Franzosen in't Land kamen un wenn hä ok noch so slapp un spildrig was, det schützte em nich, met mußte hä doch! - Keen Mensch glöwte, det det Bürschken wedder kamen künn, denn da was jo nich Saft oder Kraft in; det Mulwerk was freilich grot nogt, blos damet was gegen de Franzosen nich voel to verrichten. - Wedder kam hä, äber'n Kerl was't blewen wie dree Käsen hoch, nich'n bitchen harr hä sik verändert, blos de Näse was noch etwas schewer worrn un det harr sinen Grund darin, det hä bi sin Vertelln immer den Finger danewen hilt; vertelln ded hä äber immer, denn Daten harr hä verricht, det eenen de Haare uppen Kopp grusen künn'n.

De Hauptsache was äber de französche Sprake, de hä nu in Feindesland lehrt harr, de ging em van de Lippen wie Water un de was ok der Grund, det hä sik met'n Köster immer in de Haare lag. Eener lachte öber'n ändern sine Dummheit un der Striet hörde gar nich up.

"Ick woll blos, der Köster kem mal na Frankreich," seggt der Lienewewer, "un finge mit sine Contenanzen an, den lachten jo woll de Kinder up de Strate wat ut! Wat sick der woll denkt, will mi seggen, wie't heten mütt!"

Un denn reckt hä sick un dreht met'n Kopp, as wenn hä sine krumme Näse van bei'n Sieden bekieken woll un schimpt up den Köster sine krumme Beene, as wenn de Schuld dran wiren, det hä nich better französch künn'.

Rieke Lienwewers mag't woll öberhaupt nich voel gewen, bi Meister Henninken ging't äber noch apart knapp her un dennoch hev ick den Mann min Lewdag nich in Sorgen sehn, vernügt was hä immer un wenn sik 'ne Fiddel im Dörpe hören let, denn harr hä keene Ruhe up sinen Wewerstohl, hä müßte hen, trotzdem hä met de Dreißiger nu ok bald uprümt harr. - An Kinder was in sinen Huse dörchut keen Mangel und hä meinde oft: "Glück un Segen harr hä an voele Stelln, in sine Kinderzucht äber'n meisten, der Köster künn' van em alleene lewen."

Was nu tüschen dise Beiden mal wedder Zank utbraken, denn futschelde sik irst der Eene un denn der Aender hen na de Smäd, de dicht newen det dridde Hus stund, üm den Smed sine Sache to vertelln un se in det rechte Licht to setten; der hörde se ok so ruhig an, as'n orndlich Richter det mütt un pinkerde met'n Hamer den Takt dato, äber mang redte hä nich, denn de Erfahrung harr em all lehrt, det sik det bald wedder totrockte un hä harr den Kopp doch vull nogt, dise kleine Alldäglichkeiten mockten em nich warm.

Vör voelen Jahren was hä mal in 'ne Stadt up 'ne Oxjohn ganz billig to'n Bok kamen, un da hä etwas lesen künn, so durde't nich lange, dunn wußte hä, det'n groten Schatz in sine Hänne lag, denn da stünnen Prophezeihungen in up twee Jahrhundert vörut, ganz natürlich beschrewen wie't all werrn süll un up de letzte Siet stund, det de Törken kamen würrn un de ganze Macht van'n König van Preußen fünn denn rieklich Platz under eenen Eikbom, so slecht würr em det gahn.

Woll nu Eener antworten, det künn mögliger Wies' doch änders kamen, denn word hä tücksch, det de Menschen nich glöwen wolln, wat utdrücklich in sin Bok stund; "denn müßte't jo woll keene Gesetze mehr gewen," meinde hä, "wenn sönne Lägen dörften drückt werrn." Weil nu also der Smed Alles, wat im Dörpe un in de Welt passirde, all vörher wußte, der Köster un der Lienewewer äber irst davan hörden, wenn't geschehn was, so stund hä na mine Meinung doch öber öhr un't was em nich to verdenken, wenn hä sine Nachbarn etwas öber de Schuldern ansach.

Den ganzen leewen, langen Dag harr man bi den Lienwewer det engale klipp, klapp, klipp, klapp hört, blos mänchmal, wenn der olle Faam reten was, oder wenn't de Flegen an den Slichttubben to dull mockten, kam 'ne kleine Pause datüschen; der Faam word met'n niederträchtig Schimpwort up de olle Diern, de so slecht spunnen harr, wedder tosambunnen un de Flegen würrn met'n krusen Tacken un'n Dunderwetter ut det Fenster rut jagd! Better word et äber na keene Siet hen dörch sin Schimpen un Flochen, denn de Dier'n hörde em nich un de Flegen wußten all, det sie alle Dag etlige Mal an de Luft müßten, sie kemen drüm wedder, so bald sick'ne Gelenigkeit dato fund un leist'ten em Gesellschaft.

Ewen harr hä wedder van sin Husrecht Gebruk mockt, as hä gliek naher sülwenst in de Döhre sichtbar word. Hä fahrde sik met den Hemdärmel öber't Gesicht, üm den Sweet aftowischen, denn de Luft was in det Hus fast noch stickiger wie buten, det woll sick gegen Abend ok nich'n bitchen afköhlen.

"Guten Abend, Herr Gevatter," seggt der Köster, der grad met sine dree Köh' ut de Koppel kam, "Sie müssen hinter Ihren Stall hingehen, wenn Sie das Gewitter sehen wollen, hoch steht's grade noch nicht, aber kommen thut's."

"Sall mi wundern, ob Se Recht hebben," antwort Henning, "von den Kram verstahn Se ok woll nich to voel un ehr ick det nich sülwenst sehn hev, ehr glöv ick't nich."

As hä äber na'n Garen keken harr, dunn müßte em det Gewülke doch woll gefall'n hebben, denn hä nickte ganz vergnügt. Der Scholmeister harr ditmal Recht, 't sach god ut un wenn't sick an de olle Berge nich kehrde, denn müßte't woll wat gewen.

Met der Wiel harr der Köster sine Köh in den Stall brocht, harr sine lange Piepe frisch stoppt un was nu so wiet, det hä künn kieken helpen.

"Glauben Sie's nun, Herr Gevatter, daß ich's richtig beurtheilt habe? Ich möchte behaupten, daß ich's schon donnern höre."

"Ne, so wiet sin wi denn doch nonnich, irst mütt et höger rup kamen; wat Se för Dundern holl'n, det is Waanbuldern, passens men up, det werd da gliek um de Ecke rüm kamen, so wat veroblegier ick mi denn doch to underschei'n; hören Sie't nu? da is hä! Ick reke, det is der Exestenzdockter met Krempelpere, 't führt scharp, wenn man 'ne ei'n Pietsche un'n König sine Pere hat, det olle Veh mütt wat utholl'n bi de Hitte."

"Wissen Sie nicht, wer ihn bestellt haben mag?"

"An dit Enne weet ick keenen Kranken, as de Wiesensche in't Armenhus, äber da is't woll sehre slecht met; ick hev hüt Morgen met'n Schäper redt un der meinde, det künn nu jede Stunne vörbi sin; de letzte Nacht is se all so wiet west, det hä dachte, sie würr den Morgen nich mehr erlewen; mi wundert, det der Eddelmann noch na'n Dockter schickt het, denn wenn de Lunge weg is, denn is se weg un verlieren deit se grad nich voel, wenn se sterwet, t'is blos üm de Kinder, de falln nu ok wedder de Gemeinde to Last."

"Ja, das wird freilich nicht anders werden. Verwandte sind nicht da, wer soll also sonst dafür sorgen; schade drum, die Kinder sehen gar nicht schlecht aus, der besten Zukunft werden sie wohl nicht entgegen gehen."