De Reis’ nah Konstantinopel/Kapittel 4

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
<-- chapter 3 De Reis’ nah Konstantinopel chapter 5 -->

Woans Jochen Klæhn de Nahricht von de grote Reis' upnimmt, un woran sin anschlägsche Kopp bi dese Gelegenheit Allens denkt. – Korl kümmt un seggt Adjüs, un hett keine Ahnung dorvon, dat em en Festmahl achter Fru Groterjahnen ehre petistmusselinenen Gardinen deckt is. – Herr Nemlich trett gebildt in de gebildte Fomili up. Hei ward up den Bahnhof arretirt. – Herr Jahn mit den irsten, Herr Groterjahn mit den tweiten Tog. – Barlin. – Allerlei Fragen: Hoff oder Daubitz? Wat Apen ok snacken kænen? Gott bewohre! Paul, wo kümmst Du nah Barlin? Wo kann Schiller so 'n Dræhnsnack seggen?


»Jochen,« säd üm dese Tid eins Morgens de oll Herr Jahn tau sinen Burßen, as de vör 't Abenlock satt un in de Kahlen pust'te; denn sörre lütt Aschenpüster ehr Tid hett sick – glöw ick – kein Schock von Blas'balkens un Püsters in Land Meckelnborg upsmeten, indem dat dor noch för gewöhnlich de Püster vernutzt ward, den uns' Herr Gott den Minschen in de Bost sett't hett; un de Meckelnbörger hett noch Rægen in de Bost – »Jochen,« frog Herr Jahn, »wat is 't buten för Weder?« as hei ut sine Slapstuw' kamm. – »»Je, Herr, dat knippt en beten, un för teihn Dag' vör Ostern dücht mi dat wat utverschamten. – De Balbirer lep hüt vermorrn hir vörbi – wo drawte hei in sin lütt fipperig Röckschen! – un rep mi tau, wi hadden æwer Nacht sæben Toll Küll hatt.«« – »Na,« brummte de Oll vör sick hen, »de Reis' fängt gaud an; æwer wider 'runner mag 't jo woll warmer warden. – Bring den Koffe 'rinner!« – As Jochen 'rute was, gung hei an 't Finster un kek heruter up de Strat: »'t is en Uhlenspeigelstück, wat ick abstellen dauh, æwer denn helpt dat nich! – All de Minschen, de wat von mi hollen, de würklich wat von mi Rollen, drängen mi tau de Reis', un in 'n Ganzen is 't ganz egal; ick kenn de Minschen hir eben so wenig, as de, de ick dor drapen ward. – Un dat möt ick seggen, de Bäuker, de mi de Dokter schickt hett von de Türkei un Grichenland, un de Geschichten von Venedig, hewwen mi grad' nich vör den Kopp stött, un seihn müggt ick de schönen Gebüden un de Gegenden ok woll; æwer leiwer müggt ick doch noch weiten, wo sick dat dor regirt, wo de Minschen dor lewen, un wat dor up den Fellen waßt.« – Nu sach hei up Jensid von de Strat lütt Paulen nah de Schaul gahn, wat hei all vördem bemarkt hadd. – »Jochen,« frog hei, as de mit den Koffe 'rinner kamm, »worüm geiht lütt Paul up Stunns ümmer up Jensid von de Strat? – Hei pleggt jo süs nah de Schaul vör unsen Hus' vörbi tau gahn.« – »»Je, Herr, hei 's tücksch. Sörre de Tid, dat ick em dunn seggen müßt, ick süll nicks mihr mit em tau dauhn hewwen, hadden Sei seggt, geiht hei ümmer up Jensid, un wenn hei mi in de Dör stahn süht, denn dreiht hei sin Gesicht von mi as un kickt so stiw in den Laden von de Putzmamsell herinner, as wenn hei stark üm 'ne nige Huw' benödigt wir.«« – »Ih, wat makst Du? So heww ick dat jo nich meint; ick wull man nich, dat Du Di in Snackeri mit em inlaten, un dat Du wegen sinen Kram min Geschäften nich in de Hor drögen laten süllst.« – »»Ne, Herr, dat geiht nich. – Ganz mit em utenanner oder gor nich. – Denn, seihn S', hei is so 'n Gast: hei haspelt mi mit sine dæmlichen Fragen Allens ut den Hals 'rut, wat hei weiten will, un wenn hei wat von mi hewwen will, denn weit hei mi so üm den Bort tau gahn . . . .«« – »Du hest jo noch keinen.« – »»Ne, Herr, en ordentlichen noch nich; æwer hei ward all. – Un dat weit hei recht gaud – de Racker! – dat wi Beiden, ick un Sei, vel von em un sine Helene hollen dauhn. – Herr, sall 'ck mi mal en Snurrbort stahn laten?«« un dorbi kek Jochen sinen Herrn so lüftig an, as hadd em Einer mit sinen eigenen Snurrbort en unverhofftes Geschenk makt. – »Jochen,« säd Herr Jahn un lachte dorbi so 'n beten, »wo wullst Du dat woll anfangen? – Nu æwer irnstlich. – Morgen reisen wi, wi führen mit den irsten Tog, un hüt möst Du den Kopp en beten bruken, dat wi Allens ordentlich packt krigen un nicks vergeten.« – »»Tau de grote Reis'?«« – »Ja, dit ward de grote Reis'.« – »»Herr, denn möt 'ck mi woll en rein Hemd mit nemen?«« – »Gewiß. – Wo vel Hemden hest Du?« – »»Oh, Herr, min Mutting hett mi jo dunn söß ganz nige Hemden makt, as ick hir her kamm.«« – »Denn nimm Di minen lütten Reis'kuffert – den lütten! – un denn pack sei all söß in.« – »»Oh, Herr, Sei spaßen. – All söß? Dor möt ick mi doch æwer wunnern, Herr! – Wat würden de Lüd' seggen?«« – »Na, de warden sick vel üm Din Hemden kümmern! Un denn packst Du Din best Tüg in un Strümp un Steweln, dat Du 'ne duwwelte Utrüstung bi Di hest.« – »»Herr, wo geiht 't denn hen?«« – »Dat wardst Du woll tau weiten krigen. – Tauirst führen wi nah Berlin.« – »»Füüüüh!«« fläut'te Jochen, »»nah Barlin. – Herr, dat is jo preusch! – Dor is uns' Jehann Smidt, de hir bi Böttcher Drewsen is, ok all west, un weiten S', wat de seggt. De Barliner, seggt hei, sünd uns tau klauk; æwer Einer möt ehr man ordentlich upspucken, denn gewen sei sick. – Herr, sall 'ck mi denn man mine nige Mütz mit den gräunen Sanftbräm upsetten.«« – »Ja, dat kannst Du; nu gah hen un pack Dinen Kram, nahst will'n wi minen packen.« – Jochen gung; æwer 't wohrte nich lang', dunn kamm hei wedder 'rin. »»Herr, sall 'ck uns' Wichsgeschirr mitnemen?«« – »Ja.« – Un dunn kamm hei wedder: »»De Klederböst ok?«« – »Ja.« – »»Den Kloppstock ok?«« – »Ih, wat! – De kann hir bliwen.« – Un dunn kamm hei wedder: »»Herr, wo ward 't mit uns' Koffemaschin'?«« – »Ih, wat! Du nimmst mi am Enn' noch Schöttel un Pött mit.« – »»Je, Herr, wenn 't noch achter Barlin geiht.«« – »Na, nu mak man un pack Din Saken in.« – »»Herr, dor kümmt uns' jung'n Herr,«« rep Jochen, un Korl kamm in de Stuw' herinner. – »Na, Vatting,« säd de Sæhn, »Gustav is vörgistern hir west un hett Di Adjüs seggt, ick möt hüt woll kamen. – Wenn sick bi dit Weder ok nich vel dauhn lett, 't is doch ümmer gaud, wenn Ein von uns up den Hof is, dorüm sünd wi nich Beid' tauglik kamen.« – »Dat is ok gaud, min Sæhn.«« – »Na, Vatting, büst Du denn un dorin fast, dat Du morgen afreisen willst?« – »Je, Korl, denn helpt mi dat jo woll nich anners, denn möt ick Jug jo woll tau Willen sin.« – Aewer – weiß Gott – ick dauh 't üm Jugentwillen, mi sleiht kein Ader nah de Reis'. – Ih, ja! – Seihn müggt ick dat ok woll mal, un in de letzte Tid bün ick recht gesund west, un dor hett sick ok de Lust dortau en beten rögt; un wenn de Dokter seggt, entweder ick möt de Reis' maken, oder ick möt den Sommer æwer in so 'n Bad, denn will ick dusendmal leiwer up Reisen gahn, as dor in so 'n engelschen Goren un in so 'ne Anlagen Mulapen verköpen. – Blot mit Jochen Klæhnen will mi dat nich in den Kopp.«« – »Ne, Vatting, dat lat so! – För uns is dat doch 'ne Beruhigung, dat Du en trugen Minschen üm Di hest, wenn Di wat taustöten süll. – Tru un ihrlich is hei, un hei is ok eigentlich gor nich so dumm.« – »»Ih, hei is den Deuwel dumm, up Schelmenstücken is hei klauk naug; hei is mi man noch tau kinnerig un kalwerig.«« – »Ih, dat ward sick ok gewen, wenn hei man irst en beten in de Welt west is. Du möst em man en beten bet anfaten un tausamen stuken; Du büst em tau nahsichtig.« – »»Je, dat seggst Du woll, Korl, æwer wenn de oll Jung' Einen so ihrlich mit sine groten, blagen Ogen ankickt, oder hei fängt so recht tauvertrulich an tau dræhnen, denn mag em der Deuwel wat seggen, un nu möt ick en so un so all mitnemen, denn ick heww em all seggt, dat hei mit sall, un wenn 'ck en nu hir let, ick glöw', hei bröcht sick von Dagen. – Aewer, min Sæhn, kumm! – 't is hüt so 'n kloren Frostdag, de Sünn schint so schön – wi willen en beten in den Achtergoren up un dal gahn.«« –

Dat geschach, un as Korlen sine Tid üm was, dat hei furt müßte, halte hei en Metz ut de Tasch un fung an, sihr iwrig en lütten Awtbom intaustutzen, indem dat hei sick von sinen Vader afwennte un säd: »Dat möt nu ok gescheihn, un ick ward dorför sorgen, dat dat geschüht, un dat hir nicks versümt ward. – Un, Vatting, hest Du mi denn nicks tau seggen? nicks?« – un hei bückte sick deiper, dat em de Oll nich in 't Gesicht seihn kunn – »nicks von Helene?« – »»Ne, min Sæhn, ick heww sei lang' nich seihn, un spraken gor nich; æwer gesund is sei, dat weit ick, un in dat Anner möst Du Di gewen. – Wenn Du dat Mäten hewwen willst wegen Geld un Gaud oder Rang un Stand, denn müggt Di jo woll uns' Herrgott in sinen Gnaden männigen Stein in den Weg smiten, den Du nich wegrümen künnst; æwer so, as dat mit Di steiht, brukst Du nich tau verzagen.«« – »Dat dauh ick ok nich,« säd Korl un dreihte sick nah sinen Vader üm, »æwer 't is hart, so up 't Ungewisse hen täuwen un de Hänn' in den Schot leggen tau möten, wil man nicks dortau dauhn kann.« – »»Na, wer weit, dor kann mal 'ne Gelegenheit kamen, dat ick mal dor wat tau dauhn kann, un denn sall 't gescheihn, denn sall 't gescheihn, Korl!«« säd de Vader recht indringlich un fot den Sæhn rund üm, »»un nu Adjüs! Will'n uns dat Hart nich weik maken,«« un dreihte sick üm un gung den Gorenstig entlanken. – »Adjüs Vatting,« säd Korl un gung trurig ut de Dör, recht trurig. – –

Ja, wenn wi 't man ümmer wüßten, wenn wi trurig sünd, dat tau de sülwige Stunn' up en unbekanntes Flag uns von unsichtbore Hand de Disch tau en Fest deckt un mit Blaumen bekräns't ward, denn würd sick uns' Lewen mihr utgliken un sachter henfleiten. – Aewer wir dat en Glück? – Ick segg »ne.« – De Lüd' seggen, 't sall up unsere Ird' Gegenden gewen, wo ewig dat Frühjohr bläuht, wo Einer kein Hitt un kein Küll kennt; æwer – frag ick – hewwen de Lüd' dor de grote Freud', dat nah Winterstorm de Frühjohrsluft weiht, dat Wisch un Bom dörch Is un Snei gräun herute breckt? – De Wessel von Freud' un Truer, von Fürchten und Hoffen stimmt tausam mit de swacke Minschennatur, un de Einklang von den Wessel mit ehr is dat Glück. – –

Hadd Korl nah de ein' Achterstuw' in Groterjahnen sinen Hus' 'ruppe keken, un hadd hei dörch de petistmusselinen Gardinen kiken kunnt, denn wir hei woll nich so trurig furt gahn, denn dor was em en Freudendisch deckt; un achter de Gardinen stunn Helene un kek mit schöne, fründliche Ogen up em 'runner, un ehr Hart flog höger, as sei em sach, un as sei em trurig furtgahn sach, würd ehr ok gor tau trurig tau Sinn, un sei sett'te sick dal un deckte de Hand æwer de Ogen, un ut dat Düster un de Truer bläuhte allmählich de Hoffnung up Wedderseihn, up Nümmerverlaten, as en schönes Frühjohr tau Höchten, un ehr Hart würd getrost un fröhlich in desen Wessel, un de Wessel is dat Glück. – Sei was kein' von de Ort, de Gott gefällig tau sin glöwen, wenn sei nah Weihdag janken un in Leiden swelgen, sei was en fröhlich Kind, un ehr Hart was fast un gesund, dor kunn ihrliche Tru un Gottvertrugen woll wassen. – Un de beiden plegte sei un hegte sei mit Flit un Utduer, nich as min Nahwersch ehren Blaumenpott, de dor in 'n Hus' mit 'rümmer dröggt, as wir 't en Wickelkind, dat hei hir en beten Sünn kriggt un dor en beten Sünn, un denn acht Dag' lang nich an em denkt, ne! sei hadd ehre beiden Blaumenstöck ein för alle mal en gauden, fasten Stand gewen, un dor plegte sei sei, un nu täuwte sei gedüllig, dat sei Blaumen un Frücht bröchten. –

Bi de Ort tau sin un tau denken kunn sei sick ok recht ut vullen Harten tau de Reis' freuen, sei brukte nich wegen de lütte Trennung tau versmachten un tau versmölten; un sei stunn up un packte ehren Reis'kuffert, denn morgen süll 't mit den tweiten Tog furtgahn, as ehre Mutter bi ehr 'rinner kamm: »Hella, mein Kind, so eben ist Herr Nemlich angekommen; er logirt diese Nacht bei uns, Dein Vater war wieder so voreilig, ihn einzuladen.« – »»Nun, wie gefällt er Dir, Mutter?«« – »Ellen, Du weißt, es ist bei Deiner Mutter feststehende Lebensregel, niemals voreilig ein Urtheil abzugeben, sie sieht und beobachtet. Ich thue das nie; aber er hat etwas Feines in seinem Aeußern, ist entschieden gebildet und hat auch gewiß ein gutes Herz, denn er hat sich gleich mit Paul abgegeben, der sich natürlich wieder so unpassend, wie möglich, beträgt. – Komm nun herunter, mein Kind; und nimm so wenig Sachen, wie möglich, mit. Ich habe es neulich gelesen: der Mensch ist der glücklichste, der die wenigsten Bedürfnisse hat.« – Helene hadd dat all lang' in 't richtige Gefäuhl hatt, dat sei woll nich dortau kamen würd, up dat Schipp mit schöne Kleder Eroberungen tau maken oder dormit tau Konstantinopel den groten Soldan de Ogen tau verblennen; sei hadd sick ganz bescheiden inricht't, was nu mit den ganzen Kram farig un gung mit ehre Mutter nah unnen dal. –

'T is ganz natürlich, dat de Minsch sick von en annern Minschen, mit den hei 'ne Tidlang tausamen lewen sall, en Bild utmalt; un wenn Helene mit Herr Nemlichen ok nich vel tau deilen hadd, so wüßte sei doch, dat ehr Brauder Paul, von den sei so vel höll, in sine Hand un sine Upsicht gewen warden süll, un as sei nu Herr Nemlichen tau seihn kreg, stimmte dat mit ehr Bild gor nich, un mit dat, wat ehr Mutter ehr vörmalt hadd, ok man swack tausam. – Nich, dat ehr Herr Nemlich utbannig häßlich vörkamm, dat nich! – Dat wir ok för uns Beid', för Munde un mi sülwst, de wi em Beid' mit grote Leiw' tau betrachten gewennt sünd, sihr kränkend west; æwer hei hadd wat an sick, wat nah ehre Meinung mit sinen Rock un sine Vatermörder nich tausamen stimmen ded, denn dese beiden wiren untadelig. – Herr Nemlich was man kort geraden, de Natur hadd æwersten ehr Verseihn inseihn, was in sick gahn un hadd em dorför sine beiden Enns, Kopp un Fäut, desto gröter makt. – Hei hadd swarte, lange Hor, de hei halw geistlich un halw weltlich achter de Uhren dal hängen let, hadd 'ne gelihrte, gele Farw' in 't Gesicht un hadd sick in de letzte Tid en Vullbort stahn laten. So nennte hei em wenigstens, 't was æwer man 'ne Ort gadliche Schonung, as ick sei vördem man in de Niederlausnitz seihn heww, wo hir en lütten Drümpel Dannen tau Höchten schütt un dor en lütten Drümpel Dannen, unner de Einer den gelen Sand ümmer so hellweg dörchlüchten süht.

Indessen müßt Helene sick ingestahn, dat Herr Nemlich sick för den Anfang ganz paßlich tau benemen wüßte; denn hei blew ehr drei Schritt von den Liw'. Gegen Herr Groterjahnen was hei bi allen Respekt mit Tautrulichkeit un Deinstfarigkeit, denn hei höll em en Fidibus up de Pip, wat hei kuntraktlich noch gor nich nödig hadd, wil dat hei mit em noch gor nich up Reisen was; gegen Fru Jeannette Groterjahn was hei mit pure Hochachtung, un de namm tau, as em de Dam' ehre sæbenteihn Gepäckstücken æwergaww, dat hei dor von nu an Obacht up gewen süll, un dorbi ümmer ehren Grundsatz von glücklich sin un von wenig Bedürfnissen utsprok. – Wat müßte de för Bedürfnissen hewwen, wenn 't ehr mal inföll, dat sei unglücklich sin wull! – Gegen Paulen was hei mit Liebreichigkeit, hei strek em æwer de Hor un frog em, wo de Accusativ Pluralis von mensa heiten ded, wat hei kuntraktlich ok nich nödig hadd, indem dat hei up 't Latinsche nich annamen was un ok nicks dorvon verstunn, wil dat up 't Seminor nich bedrewen ward. – Paul wüßte den Accusativ recht gaud, hei säd em æwer nich, un Herr Nemlich strakte em wedder æwer de Hor un säd, dat schadte nich, dat würd hei All noch tau weiten krigen. –

Nu was 't ok hir All in de Reih', un morgen mit den tweiten Tog süll de Reis' los gahn. – –

Den annern Morgen satt de oll Herr Jahn recht warm in en Pelz in de tweite Klass' von de Iserbahn un führte nah Berlin. Jochen Klæhn hadd de beiden Kufferts besorgt un satt in de drüdde Klass' un vertellte dor alle Lüd', de 't noch nich wüßten, dat hei nah Barlin führen ded. »Aewersten dat is noch gor nicks,« säd hei, »ick führ noch wider.« – Un wenn em de Lüd' frogen: wohen denn? denn makte hei en geheimnißvulles Gesicht, wat hei sihr natürlich taurecht kreg, wil dat dat för em ok noch en Geheimniß was. – As sei tau Berlin ankamen wiren un sick en Gasthof upsöcht hadden, säd de oll Jahn: »Jochen, ick bün mäud' un will hüt tau Hus bliwen; æwer Du kannst en beten in de Straten 'rümmer gahn un Di Berlin anseihn.« – »»Ne, Herr, dat dauh 'ck nich. – Wo Sei bliwen, bliw ick ok. – Dat 's nich üm Ehrentwillen, dat 's üm minentwillen, denn dat weit ick all vörher, ick verlop mi.«« – »Je, denn möst Du bet morgen täuwen, morgen bliwen wi noch hir.« –

Den sülwigen Dag, an den Jahn afreis't was, wull ok Herr Groterjahn reisen, æwer mit den tweiten Tog. – Hei kamm mit vulle Utrüstung, mit Pelz un Pudelmütz, in de Stuw', wo Helene un Paul all reis'farig täuwten, un 't fehlte nu blot noch Fru Jeannette; denn Herr Nemlich stunn all up de Del' un tellte sine Kisten un Kasten un Schachteln æwer. – Na, endlich, as de beiden Wagens all vör de Dör höllen, denn de ein' was för 't Gepäck bestimmt, kamm denn Fru Groterjahnen ok herin, fohrte æwer glik up ehren Gemahl los: »Anton, was soll das? Du im Pelz? – Sieh mich an, habe ich einen angezogen?« – »»Je,«« säd Anton ganz verstutzt, »»das ist ja aber kalt.«« – »Anton, ich bitte Dich, wir fahren ja nach dem heißen Süden.« – Je, säd Anton, dor wiren sei man noch nich. – Aewer sine Fru led 't nich un säd, sei wullen sick nich tau 'm Gespött von de Welt maken, un Anton treckte den Pelz ut, un steg mit den bloten Aewertrecker in den Wagen. – As sei Alle dorin seten, wull Herr Nemlich up den Buck stigen, æwer Fru Groterjahnen led 't nich, hei müßte up den Packwagen stigen, denn sei hadd 'ne grote Angst, dat de Fuhrmann 'ne Schachtel verliren kunn. – Bi dat Inschippen up de Iserbahn gung Allens ganz gaud, blot Herr Nemlich würd arretirt, nich von de Polizei, ne! von 'ne öllerhafte Dam', de hei en lütten Reis'kuffert entführen wull, as wir dat ein von sin unnergewenen Kasten. Herr Nemlich wull den Kuffert tauirst nich 'rute gewen; æwer de olle Dam' was tau resolvirt, sei läd Hand an ehr Eigendaum un redte Herr Nemlichen mit ›junger Mensch‹ an. Up dese Beleidigung wull hei nu irst mit en richtigen Driw'kil up en grawen Klotz antwurten; æwer as hei sach, dat de olle Dam', ahn sick en Spirken tau schaniren, sick in den sülwigen Wagen von de tweite Klass 'rinner plant'te, wo de Fomili Groterjahn satt, sweg hei leiwerst un steg in de drüdde Klass' un führte nah Berlin.

Den annern Dag gegen Morgens hen tau Klock teihn, denn Fru Groterjahnen kunn des Morgens wegen ehre Nerven nich tidiger ut den Bedd 'ruter finnen, makte de Fomili Groterjahn en vörlöpigen Plan, woans sei den Dag henbringen wullen tau Berlin. Irstlich müßten sei allerlei inköpen. Fru Groterjahnen was von ehren Dokter tau Hus up allerlei Middel gegen ehre Nerven un annere Unbequemlichkeiten upmarksam makt, sei wull also sick mit Flöhpulwer – dat säd sei æwer nich lud' – un denn mit en Middel gegen de Seekrankheit verseihn, wat en Dokter utfünnig makt hadd, de noch kein anner Water tau seihn kregen hadd, as wat in de Spree un in sine Waschschöttel tau seihn was, un denn müßte sei sick gegen de Nerven noch 'ne Kist ›Hoff'schen Malzextract‹ mitnemen, wotau sei Antonen ok bereden wull; de was un æwer nich för Hoffen, de was mihr för Daubitzen, un wull sick mit den finen Lakür up de Bein' bringen un sett'te dat ok ditmal richtig dörch. – Helene wull sick 'ne lütte Leddertasch tau 'm Umhängen köpen, dormit dat sei allerlei nothwennige, lütte Kleinigkeiten, as Neihgeschirr, Slætel, klein Geld un so wat ümmer glik tau Hand hadd, un Paul säd, sin Vader süll em man sin Deil in bor Geld gewen, em würd ok woll noch wat sihr Nothwenniges infallen. – Vader Groterjahn ded 't ok. – Nahsten wullen sei denn dat Museum beseihn un den Abend in 't Schauspillhus gahn, wo Don Karlos gewen würd. – Paul würd von 't Museum dörch sin leiw' Mutting utslaten, wil dat sine Bildung för de Apollos un Venussen noch nich rip was, un kreg de Erlaubniß mit Herr Nemlichen in de Apen un Boren von den zoolog'schen Goren tau gahn. –

De oll Jahn was den Morgen all tidig utgahn, Jochen Klæhn mit em, un was in den Dirgoren 'rinner geraden, un dor 'rümmer wankt, üm sick de Faut tau verpedden, un so was hei ok in den zoologischen Goren kamen. – Jochen Klæhn kamm denn nu hir ut dat Wunnerwarken gor nich 'rut: »Herr,« rep hei ein æwer 't anner Mal, »wat sünd 't för Kreturen! – Nu kiken S' desen blot,« rep hei, as hei 'ne Hyän' tau seihn kreg, »wat hett hei för Anstalten! Nu hüren S', hei lacht ordentlich. – Ne, wo gruglich! – Je, Du büst de rechte! – Nu kiken S' de Vægel blot an, ne, wo bunt, wo bunting! – Hewwen S' hürt? De snacken ordentlich.« Un as hei nu nah den Apenkasten kamm, stunn hei ganz verbas't un flusterte tauletzt sinen Herrn ganz lising tau: »Herr, verstahn sei dat, wenn wi mit enanner reden?« – »»Ne, Jochen.«« – »Herr, lihren de Apen ok snacken?« – »»Ne,«« säd Herr Jahn un lachte, un hadd sine Freud' an sinen Jochen, un wenn em dat ok sülwst Spaß maken ded, de Hauptspaß was för em doch, gewohr tau warden, wo krus dat Allens dörch Jochen sinen Kopp schot, un wo sick dat dorin küselte un dreihte. Un as sei sick endlich up den Rüggweg makten, dunn dreihte sick Jochen üm un süfzte deip up, as wir de zoolog'sche Goren de Paradisgoren, un hei wir dorute drewen as Adam, un säd: »Herr, dit 's allein all dat Geld wirth nah Barlin tau reisen.« –

Mitdewil was Paul mit sinen Herrn Perzepter Nemlich den sülwigen Weg nah den zoolog'schen Goren 'rute gahn, den de annern Beiden wedder taurügg gungen, un as hei nu an den Weg 'ne Hækerfru mit Appeln sitten sach, föll em in, dat hei jo Geld hadd, un dat Appeln wat Nothwennigs tau köpen wiren; hei köffte sick also weck. – Hei hadd en schönen Handel makt, denn 't wiren so vel, dat hei sei mit de ganze Göps vör sick an den Liw' hollen müßte, un dese unbehülpliche Lag' makte sick nu so 'n dristigen Berliner Schausterjung' tau Nutz, treckte höflich de Mütz vör em af un säd: »Juten Morjen, Kleener! Ick werde Dir helfen;« un dormit grapste hei sick en Appel un stödd em de annern ut de Hänn'. – »»Täuw!«« rep Paul, »»ick will Di bi ›Kleenern!‹«« fohrte up den Schausterjungen los un let Appeln Appeln sin. – Dit würd denn nu 'ne wunderschöne, natürliche Prügeli, un Herr Nemlich lep als Perzepter dorbi 'rümmer: »»Paul! Paul! – Ich bitte Sie um Gotteswillen! – Hier in Berlin, Sitz der höchsten Bildung, eine Schlägerei! Was wird Ihre Frau Mutter dazu sagen?«« – Paul slog sick æwersten düchtig wider; de Schausterjung' was em frilich æwer, denn hei was öller un gröter, hadd em den Rockkragen æwer den Kopp treckt un mengte em nu achter up; æwer as Paul en Ogenblick Luft kreg, fohrte hei unverzagt wedder up den Schausterjungen los: »Du entfamte Spitzbauw', Du!« –

Grad' in desen Ogenblick müßte dat nu gescheihn, dat up de anner Sid von de Schassee Jochen Klæhn twintig Schritt achter sinen Herrn un in deipe Gedanken æwer de Apen un Boren hergung; dunn weckten em dese ›Klänge aus der Heimath‹: »Du entfamte Spitzbauw', Du!« ut sinen säuten Apen un Boren-Drom, un as hei nu lütt Paulen genæwer sach, vergatt hei Apen un Boren un de letzten Twistigkeiten mit Paulen, stört'te up den Schausterjungen los, bröchte den Bengel mit en por dägte Mulschellen in regelrechte Flucht, strakte sinen lütten Paul æwer den Kopp un frog: »Gott bewohr uns, Paul – dat möt mi denn doch wunnern – wo kümmst Du nah Barlin? un wo kümmst Du in 'ne Slägeri?« – »»Hei hett mi ok minen Appel wegnamen,«« säd Paul noch in vulle Hitz. – »Un dat sühst Du mit an, Franz Nemlich, un steihst lütt Paulen nich bi? Du büst jo en rechten Schapskopp!« säd Jochen tau den Perzepter. De wull nu vel seggen, æwer Paul frog dor mang: »»Aewer, Jochen, wo kümmst Du hir her?«« – »Holt Din Mul, ick sall nich mit Di reden! – Süh, dor steiht min Herr un täuwt all. – Aewer,« rep hei all in 'n Weglopen, »gah in de Apen- un Boren-Geschicht, dat is dat Schönste, dat is dat Schönste! wat . . . .« – Dat Aewrige verweihte de Wind. –

»»Wat hest Du wedder?«« frog de oll Jahn, as Jochen ut de Pust 'ran nah em kamm, »»Du hest Di jo woll gor in 'ne Slägeri mengt. Dat lat mi denn doch unnerwegs.«« – »Herr, 't was lütt Paul.« – »»Wer?«« – »Je, uns' lütt Paul.« – »»Paul Groterjahn?«« – »Ja, Herr, de sülwige, un en groten Jung' hadd em unner, un dat kunn 'ck doch nich liden.« – »»Wo kümmt de hir æwer in aller Welt her?«« – »Je, dat seggen S' man mal! Ick hadd em woll fragt, æwer ick sall jo nich mit em reden.« – »»Ach, Du büst nich recht klauk, Du sallst Di man nich in Snackeri von Hus tau Hus mit em inlaten.«« – »Herr, sall 'ck taurügg lopen un em fragen?« – »»Ne, kumm!«« un so gungen sei denn in de Stadt herin.

Ok de Groterjahnsche Fomili kreg tau weiten, dat de oll Jahn in Berlin was, denn as sei sick tau den Gang nah Don Karlos anschickte un sick Helene mit Nadel un Faden an Paulen sin Vörhemd tau dauhn makte, säd Paul: »Mutting, weißst was? – Jochen Klæhn ist auch hier.« – »»Poll,«« säd Fru Groterjahnen, »»ich weiß nicht, wie mich das hier in Berlin interessiren könnte, daß Jochen Klähn hier ist. – Aber was hast Du denn da?«« frog sei, as sei sin terreten Vörhemd tau seihn kreg. – »Oh, nichts,« säd Paul. – »»'S ist schon Alles wieder gut,«« säd Helene un schow Paulen bi Sid, dat hei de Mama ut de Ogen kamen süll. – De æwer wendte sick an Herr Nemlichen mit de sülwige Frag', un Herr Nemlich vertellte denn den Hergang von den Scharmützel un stellte sine Sorg' üm Paulen in dat gehürig Licht. – »Oll Anmeller!« säd Paul vör sick hen, dat Helene dat blot hüren kunn, »wenn 't nah em gahn wir, ick hadd schöne Schacht kregen,« un säd lud' tau sin Mutter: »ja, ich hatte aber doch Recht, und wenn der alte Jahn Jochen Klæhnen nicht gerufen hätte, denn hätte der Jung' noch mehr gekriegt.« – Dat hei de ollen Jahn mit infligen ded, was Paulen sin Glück, süs wir hei gewiß hüt Abend nich in den Don Karlos kamen, un hadd tau Straf' tau Hus bliwen müßt; æwer dat de oll Jahn ok in Berlin wir, dat rögte Fru Groterjahnen ehre Nerven so up, dat sei Paulen ganz verget, un nah langes Hen- un Her-Reden mit ehren Gemahl kamm sei tau den Sluß, dit wir wedder 'ne nige Utverschamtheit von den ollen Jahn, dat hei sick unnerstunn, an den sülwigen Dag tau Berlin tau sin, wo sei dor wiren. –

As sei des Abends ut dat Theater nah Hus gungen, säd Herr Groterjahn tau Herr Nemlichen, denn de was ok mitnamen worden: »Nu erklären Sie mich aber mal das Ganze. – Wie kann ein Mensch wie Schiller so ein unmoralisches Verhältniß beschreiben, daß der Sohn mit der eigenen Mutter – und wenn 's auch man 'ne Stiefmutter ist – ein Verhältniß hat?« – »»Ja, das ist wahr, unmoralisch ist es; aber bei einem Trauerspiel, was man auch tragisch nennt, ist was Unmoralisches erlaubt, indem die Dichter sonst gar kein Trauerspiel schreiben können; bei einem Lustspiel aber muß Alles moralisch sein, und die neusten Lustspiele sind alle sehr moralisch und voll lauter Witze. Das habe ich vordem jeden Abend im Theater zu Kröplin gesehn, wo ich dazumal conditionirte.«« – »Das sag' ich man!« säd Herr Groterjahn. – »Ich for mein Part gehe auch viel lieber in ein Lustspiel, meine Frau aber ist mehr für das Trauerspiel und die großen Opern, wegen Helene ihre Bildung. – Mir hat das Stück heut Abend man sehr mäßig angesprochen.« – »»Ja,«« säd Herr Nemlich, »»ich begreife Schillern auch nicht, wie er mit solchen alten, abgedroschenen Redensarten auftreten kann, als zum Exempel: ›Die schönen Tage von Aranjuez sind nun vorüber,‹ oder ›der Knabe Karl fängt an, mir fürchterlich zu werdend‹«« – »Das sag' ich man!« rep Herr Groterjahn, »und das soll nu ein großer Dichter sein! – Wo oft hab' ich zu meinem Paulus gesagt, wenn die Ferien aus waren: die schönen Tage von Aranjuez sünd nun vorüber, und denn setzte ich noch die andere Redensart hinzu: und Haß und Rache kommen an die Reihe. Und wo oft hat meine Frau nicht gesagt, wenn Paulus sich in einer großen Gesellschaft unpassend betrug: der Knabe Poll fängt an, mir fürchterlich zu werden. – Ne,« säd hei un kloppte Herr Nemlichen up de Schuller, »ich seh' schon, wir stimmen miteinander.« – –