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nen den Ostalpenraum vor seiner grossen im 10. Jahrhundert beginnenden mittelalterlichen Kolonisation kennzeichneten, ist noch eine Bulgarengruppe zu nennen, die um 630 aus dem pannonischen Raum zu den Bayern flüchtete, wo sie in einer Art Bartholomäusnacht dezimiert wurde, um anschliessend bei den Slawen im Kärntner Raum Zuflucht zu suchen. Dort verblieb sie eine Generation lang - bis zu ihrem Abzug in das langobardische Italien, nach Benevent.[7]

Nun stellt sich die Frage, welche Charakteristika die Siedlungsgebiete aufwiesen und welche Gebiete in den Ostalpen von der frühmittelalterlichen Kolonisation der neuen slawischen Bevölkerung zuerst erfasst wurden. Aus eingehenden Forschungen[8] geht hervor, dass Tallagen die Gebiete der ältesten slawischen Kolonisation in der Alpen- und Hochgebirgswelt waren. Dies gilt insbesondere für das Soca-(Isonzo)-Tal, wo die ältere slawische Kolonisation tief in das Bovec-(Flisch)-Becken heranreichte, noch mehr aber für die Oberkärntner und Osttiroler Flusstäler. In den Flusstälern von Isel, Lieser, Malta und Möll ist die slawische Kolonisation weit in die Alpen fortgeschritten, und die entlegensten Siedlungen mit slawischen Namen reichen unter den Hohen Tauern sogar bis zur Höhe von 1300 m. Zu diesen Alpentälern gelangten die slawischen Kolonisten über das Drautal, das mit Slawen bis Lienz und noch weiter bis zum Pustertal besiedelt war. Es braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden, dass die stärkste slawische Kolonisation das Hügel- und Bergland des zentralen Kärntens um das Zollfeld und um das Klagenfurter Becken sowie um den Wörthersee erfasste, von wo sie sich gegen Norden in das obere Murtal erstreckte. Auch in Oberkrain erfasste sie die Alpen vor allem durch die Besiedlung des Winkels von Bled (Veldes) und Bohinj (Wochein) sowie durch den Streifen an der Kokra (Kanker) und der Trziska Bistrica (Neumarkt-Feistritz).

Ein zweites bedeutendes Charakteristikum der slawischen Kolonisation der Alpentäler besteht darin, dass sie Gebiete erfasste, die bereits in früheren Epochen besiedelt gewesen waren. In dieser Hinsicht ist eine feste Kontinuität festzustellen zwischen dem antiken Siedlungsraum, der bereits in der Hallstattzeit entscheidend geprägt worden war, und dem frühmittelalterlichen Siedlungsraum. Mit anderen Worten, die slawischen Kolonisten siedelten auf Landstrichen, die bereits kultiviert waren. Auf der anderen Seite wurde aber auch festgestellt, dass sich die Struktur dieser einheitlichen Kulturlandschaft von jener, die sie in der Antike und im Frühmittelalter zeigte, stark unterschied. Die Kontinuität des Siedlungsraumes geht hier einher mit

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ŠTIH: ALPINE KOLONISATION UND MIGRATIONEN