Page:H.M. Venus.djvu/175

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sich, sang, und folgte den andern. Jean Guignol wollte vorstürzen. Das dunkle Laub hatte schon fast alle verschlungen. In der Finsternis zwischen den Stammen erloschen die Farben der Frauen. Die Letzte lächelte vom Saum des Waldes her, als werde sie ihn nie mehr verlassen.

Der vereinsamte Künstler warf sich auf sie, besinnungslos. Sie war fort, ein großer Bock blieb ihm in den Händen. Er schleppte ihn mitten auf die Wiese, er packte den dürren Hals des Thieres, das ihn gelb und klar ansah. Er schrie ihm seine Wut ins Gesicht, seine besinnungslose Brunst, seine Enttäuschung, sein Leiden um die Eine, die ihm entfloh in dem Taumel all jener Gestalten. Er hatte sie nicht gefaßt, sie war vielfältig. Sie war weder die Nymphe noch die Mänade, sie war ebensogut auch der Faun und der Brunnen, oder eine Biene — „oder auch du!“ … Und er kniete vor dem Bock, in Drang, Verzweiflung, überwältigender Ahnung.

Man fand diese Scene seltsam und nicht ohne Reiz. Hinter den Cypressen lugte manchmal ein plattnäsiges Gesicht heraus. Jean Guignol führte tollwütig die Axt gegen einen Stamm, eine Dryade sprang ans Licht, blutend, und huschte davon, ins Dickicht. Hinter seinem Rücken ging langen, wiegenden Schrittes eine Flora vorbei, in rot funkelndem Diadem und in rotem Blust, Von lustglühenden Flecken zuckte der Garten. Die Tanne hatte einen hangenden, rostroten Bart wie der Bock. Der Wind wimmerte in den Pinien. Die Sonne, blutig geballt auf der Meeresfläche, als wollte

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